Rezension

Ambitioniert auf der Strecke geblieben

Die Sommer - Ronya Othmann

Die Sommer
von Ronya Othmann

Bewertet mit 2.5 Sternen

In ihrem Debütroman „Die Sommer“ erzählt Ronya Othmann die Geschichte von Leyla, einer jungen Frau, deren Vater, ein jesidischer Kurde, aus seinem Heimatland geflohen ist, mit Frau und Tochter in Deutschland lebt, und jeden Sommer mit dem Kind zu seinen Eltern und Geschwistern in die Heimat fährt, um dort die Ferien zu verbringen. 
Leyla fühlt sich zwischen zwei Kulturen hin - und hergerissen. Zudem erkennt sie in der Pubertät, dass sie etwas anderes sein will, als beide Kulturen von ihr erwarten und sie sucht einen Platz in der Welt. 
Im ersten Teil des Romans beschreibt Othmann Leylas Kindheitserinnerungen in den Sommern bei den Großeltern. Das ist teilweise von großer Sinnlichkeit und tiefer Empathie der jesidischen Familie gegenüber getragen. 
So lösten die ersten Seiten der Lektüre auch große Begeisterung bei mir aus, welche sich leider aufgrund der fahrig- fragmentarischen weiteren Erzählstruktur, der langatmigen Redundanzen und der seltsam leblosen Hauptfigur wieder verflüchtigte. 
Zwar schildert Othmann im zweiten Teil ihres Buches, wie der Bürgerkrieg in Syrien die Familie endgültig zerreißt, aber trotz allem Bestürzenden kam ich nicht mehr in die Geschichte hinein und konnte auch mit der Distanz, mit der Othmann Leylas Zerrissenheit zu erzählen versucht, nichts anfangen. 
Vielleicht wollte die Autorin die große autobiografische Nähe zwischen sich selbst und ihrer Hauptprotagonistin nicht zu offensichtlich gestalten. 
So bleibt Ronya Othmanns Erstling ambitioniert auf der Strecke.