Rezension

Amerika - ein Traum?

Das geträumte Land - Imbolo Mbue

Das geträumte Land
von Imbolo Mbue

 

Amerika  -  das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ? Wie so viele andere Einwanderungswillige sind auch Jende Jonga aus Kamerun und seine Frau Neni fest entschlossen, in Amerika ihr Glück zu finden. Beide arbeiten hart für ihr Ziel. Noch ist ihr Asylverfahren nicht entschieden, da wird Jende als privater Fahrer für den Investmentbanker Clark Edwards, der bei den Lehman-Brothers tätig ist, und dessen Familie eingestellt. Auch für Neni gestaltet sich das Leben zwischen Highschool, Job, Haushalt und Kind etwas entspannter, und sie kann sich intensiver auf ihr geplantes Pharmaziestudium vorbereiten. Zunächst scheinen sich ihre Mühen tatsächlich auszuzahlen und sie ihrem Traum näher zu bringen  -  da bringt die Insolvenz des Lehman-Unternehmens ihn zum Platzen. Zu allem Unglück erhalten die Jongas auch noch den Bescheid, dass sie abgeschoben werden sollen…

Imbolo Mbues Debütroman liest sich leicht, locker, aber nicht oberflächlich. Die geschilderten Probleme von Immigranten kommen beim Leser authentisch an; die Autorin stammt selbst aus Kamerun und kann sicher auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Sie legt ihre Charaktere nicht nur als gut oder schlecht an; im Gegenteil, im Laufe der Handlung entwickeln sie Eigenschaften und Fähigkeiten, die man ihnen nicht zugetraut hätte. Mbue verfolgt die Entwicklung der beiden gegensätzlichen Familien Edwards und Jonga und ihre unterschiedlichen Probleme auch nach dem Lehman-Zusammenbruch. Ohne selbst zu werten oder ein Urteil zu fällen, erzählt Mbue hauptsächlich aus der Sicht Jendes und Nenis, welche Konsequenzen die Insolvenz für jene Menschen hat, deren Leben und Beruf direkt oder indirekt von dem Unternehmen abhängen und wie sich das Verhalten von Menschen angesichts ökonomischer Probleme verändern kann.

Ironischerweise wurde das Unternehmen, das den Jongas letztendlich zum Verhängnis wird  -   Lehman  -  im 19. Jahrhundert selbst von (deutschen) Einwanderern gegründet. Den Brüdern Henry, Emmanuel und Maier Lehman gelang damals, was nur den allerwenigsten vergönnt ist: sie verwirklichten ihren „American Dream“.