Rezension

Amerikanisches Familiendrama mit starken Frauenfiguren

Das wilde Leben der Cheri Matzner - Tracy Barone

Das wilde Leben der Cheri Matzner
von Tracy Barone

Cheris Leben fängt holprig an. Ihre drogensüchtige Mutter lässt sie nach der Geburt einfach im Krankenhaus zurück. Glücklicherweise findet sich für das Baby schnell ein behütetes Zuhause bei einem jüdisch-italienischen Ehepaar in New Jersey, in dem es ihr weder an mütterlicher Zuneigung noch an materiellem Wohlstand mangeln wird. Doch von der Hingabe ihrer Adoptivmutter Cici fühlt sie sich erdrückt, während ihr Adoptivvater immer auf Distanz zu ihr bleiben wird. Eine emotionale Prägung, die Cheri auch bei ihrer eigenen Familiengründung nicht einfach abschütteln kann.

„Das wilde Leben der Cheri Matzner“ ist das Romandebüt der Theater- und Drehbuchautorin Tracy Barone. Und das merkt man: Die Sprache ist bildhaft, so dass die weitgehend lineare Handlung wie ein Film vor meinen Augen ablief. Die gelungene Mischung aus Situationsbeschreibung, Erinnerungsfetzen und lebhaften Dialogen ist sehr gut lesbar. Getragen wird der Familienroman hauptsächlich von den Hauptfiguren Cheri und ihrer Mutter Cici - zwei starke Frauen, die immer wieder mit schweren Schicksalsschlägen hadern müssen, aber völlig unterschiedlich damit umgehen. Trotz ihrer Gegensätze fühlte ich mich beiden Charakteren nah und konnte ihr Verhalten immer gut nachvollziehen. Letztlich sind wir doch alle ein wenig wie Cheri: Wir wollen möglichst schnell erwachsen werden und alles besser machen als unsere Eltern. Bloß um später im Leben festzustellen, dass wir doch immer Kind unserer Eltern bleiben werden.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich würde es unbedingt weiterempfehlen. Einen Punktabzug gibt es dafür, dass Titel und Klappentext/Kurzbeschreibung irreführend sind. Ein „wildes Leben“ (Titel)? Nicht wirklich. „Herzberührend“ ja, aber „komisch“ (Klappentext)? Mehr ernstes Drama geht eigentlich nicht mehr. Ich hatte also wirklich eine ganz andere Geschichte erwartet. Man sollte sich also nicht durch den deutschen Buchtitel und das bunte Popart-Cover ablenken lassen. Wem das gelingt, den erwartet eine komplexe Charakterstudie, die den Leser nicht kalt lässt.