Rezension

Amüsante Geschichte über ganz normale Menschen

Aus dem Haus -

Aus dem Haus
von Miriam Böttger

Bewertet mit 4 Sternen

Ihr Elternhaus, das idiotische selbst gebaute Haus, in das sie gezogen sind, als sie vierzehn war. Nichts unterstreicht die gesamte Familientragödie besser, als dieses Scheißhaus, in dem sich ein Wasserschaden an den nächsten reiht. 

Sie waren vom fröhlichen Süddeutschland ins kühle Kassel, mit den distanzierten Menschen gezogen, wo der Privatwagen alles über den finanziellen Stand des Menschen auszusagen scheint. Wer keinen Führerschein hat gilt als mental minderbemittelt. Die Kinder finden ihren Wert, indem sie sich mit den Berufen der Väter brüsten. 

Mit der Entscheidung nach Kassel zurückzuziehen, nahm das familiäre Unglück eine Rundung, die famos ins Rollen kam. Zuerst das Grundstück, das nicht ihr eigenes war. Es gehört der Stiefmutter des Vaters, die, die immer ein wenig wunderlich und zutiefst religiös war. Dann das HAUS, das von außen einen gediegenen Anschein macht, es aber in sich hat. Außerdem die Baufirma, die ihren Eltern viel mehr Geld abknöpfte, als vereinbart.

Sie hatte die Mutter einmal gefragt, warum sie das HAUS nicht verkaufen, jetzt da es abbezahlt war. Doch die Vorstellung, jemand könnte sich ernsthaft für dieses Objekt interessieren, war vollkommen abwegig. Und die Eltern waren mit den Kräften am Ende, erledigt, es war zu spät, sie konnten nicht mehr, sagte die Mutter, die die größte Schwarzseherin war, neben ihrem Mann, dem besten Realitätsverweigerer.

Wenn der Vater die Mutter verärgert, warum weiß er nicht, schließt die sich tagelang in ihrem Zimmer ein und sieht fern. Die Tochter war während ihres Studiums noch jedes Wochenende nach Hause gefahren, was bei ihrer Mitbewohnerin zu resigniertem Kopfschütteln geführt hatte. Heute beobachtet sie ihre Eltern aus der Ferne, ein wöchentlicher Anruf muss genügen, bei dem die Tochter auf die subtilen Zwischentöne der Eltern lauscht, ob der sich anbahnenden neusten Katastrophe. 

Fazit: Die Autorin lässt ihre Ich erzählende Protagonistin gekonnt ihre Herkunftsfamilie beschreiben. Das familiäre Bild ist ironisch überzeichnet. Die Mutter leidet frustriert unter der Andersartigkeit ihres Mannes, der sich unter ihrer Zickigkeit wegduckt und geduldig auf baldige Gesprächsbereitschaft wartet. Das Leben scheint ihnen jede Fülle vorzuenthalten und sie gnadenlos benachteiligt zu haben. Die Lebensfreude sinkt proportional mit der Zunahme der Unstimmigkeiten. Beide kreisen pessimistisch in ihrer kleinen Welt um Dramen. Veränderung ist angstbesetzt, denn, nicht auszudenken, wenn alles noch schlimmer wird. Eine amüsante Geschichte über ganz normale Menschen mit Unzulänglichkeiten, die ich gerne gelesen habe.