Rezension

Amüsante Verwechslungskomödie

Die skandalöse Verwechslung -

Die skandalöse Verwechslung
von Sophia Farago

Bewertet mit 4 Sternen

„Die skandalöse Verwechslung“ ist der erste Band der Regency-Heroes-Reihe von Sophia Farago erschienen bei Edel Elements. Die Regency Heroes, das sind Harold, Elliot, Reginald und Oscar – beste Freunde seit der Schulzeit und heute die wichtigsten Persönlichkeiten der Londoner Gesellschaft. Protagonist des ersten Bandes ist Harold. Gerade vom Krieg gegen Napoleon heimgekehrt, bittet ihn sein Freund Oscar, seine durchgebrannte Schwester Emily zu finden. Harold hat diese zwar seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen, aber an der nächsten Poststation findet er eine Frau, auf die Oscars Beschreibung passt. Was für ein Glück! Ebenso viel Glück hat Lady Amabel Cavendish, die, auf der Flucht vor ihrem Vormund, von einem freundlichen Soldaten angesprochen wird, der verspricht, sie zu ihrem Bruder zurückzubringen.

Das Buch beginnt mit dem Treffen von Amabel und Harold und die Leser*innen sind erstmal verdutzt, wie es zu dieser beiderseitigen Verwechslung kommt. Doch danach springt die Erzählung zwei Monate zurück, nähert sich von dort aus dem Tag des Treffens immer weiter an und erzählt darüber hinaus weiter, abwechselnd aus den Perspektiven der Protagonisten. Mit jeder Seite wird den Leser*innen klarer, was vorgefallen ist, wie gut die Geschichten der beiden zusammenpassen und wie groß und amüsant dieser Zufall ist. Das ist wirklich eine geniale Art, die Geschichte aufzubauen, macht es doch direkt neugierig und beantwortet hinterher sorgfältig alle offenen Fragen. Beim Lesen habe ich immer wieder geschmunzelt und mich auf den Moment gefreut, in welchem die Verwechslung offenkundig werden würde.

Sehr gut gefällt mir der Humor in Sophia Faragos Schreibstil. Es gibt einige wenige ernste Szenen, aber darüber hinaus hat man, spätestens wenn die Heroes vereint sind, fast immer etwas zu Schmunzeln. Besonders in Reginald und seinen Sarkasmus habe ich mich sofort verliebt und freue mich daher auf seine Geschichte ganz besonders.

Ich mochte nicht nur Amabel und Harold, sondern auch ihre Freunde und Familien, insbesondere die Heroes sehr gerne. Sie sind gute Freunde, verlässlich, haben interessante Charaktereigenschaften und bereichern die Geschichte. Ihre Zusammenarbeit bei der Lösung der Probleme hat eine innige Verbundenheit ausgestrahlt, bei der ich mich wohlgefühlt habe und die nie Zweifel am Gelingen der Unternehmung hat aufkommen lassen.

Letzteres ist aber auch der erste Kritikpunkt: Die Autorin erschafft spannende Probleme, die die Erzählung erst möglich machen, aber die Auflösung erschien mir sehr leicht. Den Heroes gelingt alles, kein Antagonist ist ein ernstzunehmender Gegner – im Gegenteil: sie lassen sich teilweise übertölpeln und von ihrer anfänglichen Macht ist später nichts mehr zu sehen. Die Spannungskurve ist daher sehr flach.

Insgesamt ist die Charakterzeichnung auch eher schwarz-weiß. „Die Bösen“ fallen in allen Belangen negativ auf: exzessiver Alkoholkonsum und Nötigung zu selbigem, „durch die Gegend ballern“ (statt „jagen“), Mordpläne, Androhung der Peitsche, sogar zu den Verbündeten abscheulich – das war mir zu viel. Etwas subtiler, etwas klüger wünsche ich mir die Bösewichte, damit sie zum einen auch echte Gegner sind und zum anderen nicht ein wandelndes Klischee abbilden, das jeder noch Kilometer gegen den Wind als DEN BÖSEN erkennt.

Das Ende ist ein wenig offen. Warum „ein wenig“? Ich denke, allen aufmerksamen Leser*innen ist klar, was hier gespielt wird, auch wenn es wie ein Cliffhanger geschrieben ist. Meiner Meinung nach ein sehr guter Kompromiss: Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht, aber es ist kein Cliffhanger, der mich leiden lässt. Die Story von Amabel und Harold ist grundsätzlich abgeschlossen, aber es wird weiterhin etwas über sie zu berichten geben. Das ist einfach perfekt gemacht! Sowas würde ich mir öfter wünschen, wenn Autor*innen unbedingt Raum für mehr lassen wollen.

Zusammenfassend komme ich zu 4 von 5 Sternen. Ich habe mich immer gut unterhalten gefühlt. Eine amüsante Verwechslungskomödie für zwischendurch, allerdings mit flacher Spannungskurve und Klischeebösewichten. Man hat es vermutlich oben schon herausgelesen: Sehr gerne würde ich die Reihe fortsetzen. Bis zu Reginalds Geschichte muss ich leider noch etwas warten, doch über seinen Cousin Elliot erfahren wir mehr in Band zwei, „Ein Bild von einem Mann“ (ET 06.05.2022).