Rezension

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Amüsanter historischer Liebesroman mit einzigartigen Figuren...

Beim stolzen Herz der Lady - Patricia Cabot

Beim stolzen Herz der Lady
von Patricia Cabot

Amüsanter historischer Liebesroman mit einzigartigen Figuren...

Der historische Liebesroman „Beim stolzen Herz der Lady“ von Patricia Cabot ist als überarbeitete Ausgabe im Juni 2019 (Erstausgabe 2001) im DIGITAL PUBLISHERS-Verlag erschienen und spielt in Lyming, einem fiktiven Ort auf der Insel Skye. 

Reilly Stanton (oder auch 8. Marquis von Stillworth) hat ein gebrochenes Herz. Seine Verlobte Christine King hat die Verlobung gelöst, weil er Anerkennung als Arzt sucht und nicht sein adliges Leben vorzieht, das sie sich jedoch wünscht. Daraufhin geht Reilly als junger Arzt aus London nach Lyming, einem kleinen Dorf auf der Insel Skye und will Christine beweisen, dass man auch ohne Adelstitel Anerkennung und Ansehen erlangen kann. Doch auf Skye ist es völlig anders, als Reilly es sich vorgestellt hat. Alles ist sehr rückständig und es ist schwierig, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen. Erschwert wird das durch eine gewisse Brenna Donnegal, die als Heilerin in Lyming bekannt und geschätzt ist und Reilly als Bedrohung wahrnimmt. Der ist ab dem ersten Moment fasziniert von ihr, doch sie ist eine moderne, junge Frau, die sich von niemandem etwas sagen lässt, genau das Gegenteil von Christine. Als er dann noch erfährt, dass sie ein Geheimnis hat und sich nachts auf dem Friedhof rumtreibt, ist seine Neugier endgültig geweckt. Vor Reilly liegt eine aufregende Zeit, die geprägt ist von vielen neuen Erfahrungen, aber auch jede Menge Schwierigkeiten und seinem inneren Konflikt, für was er sich entscheiden soll, das bequeme Leben als Marquis oder das weitaus herausfordernde Leben als Landarzt.

Nur ein paar Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich am Ende glücklich und zufrieden zurücklässt. 

Das Cover passt gut zur Geschichte, hätte aber für meinen Geschmack noch mehr auf das raue Klima bzw. auf die Insel Skye hinweisen können.

Der Klappentext ist sehr gelungen. Er führt die Protagonisten und den Hauptkonflikt ein, schafft direkt eine Stimmung beim Leser/ bei der Leserin, weckt Neugier, ohne zu viel zu verraten und verspricht jede Menge Spaß. Und ich kann vorwegnehmen, den wird man auch haben.

Reilly ist ein junger Arzt aus London, der sich selbst etwas beweisen will und hofft, so seine Ex-Verlobte zurückzugewinnen. Anfänglich wirkt er etwas naiv und nimmt für meinen Geschmack, die Rolle ein, die sonst meist die Frauen in diesem Genre haben, aber das gefällt mir ausgesprochen gut. Er ist sehr engagiert, hilfsbereit und hat sein Herz am rechten Fleck. Trotzdem ist er sehr überzeugt von sich und auch wenn er nicht nur der „Marquis“ sein will, muss er erst lernen, mit seiner neuen Rolle umzugehen. Es sieht nun mal nicht mehr jeder wegen seines Titels zu ihm auf (weil er diesen ja auch bewusst verheimlicht), sondern er muss sich sein Ansehen hart erarbeiten. Nur stellt sich das als ziemlich schwierig dar, wenn einem eine Frau in dieser Zeit um Längen voraus ist und weit mehr praktische Erfahrung mit wirklich schweren Krankheiten hat, als er und all seine Kommilitonen zusammen. Reilly Stanton stellt sich aber allen Herausforderungen und überwindet alle Hürden zu seinem Ziel, das dem Leser/ der Leserin zu jeder Zeit klar ist. Er macht eine beobachtbare Entwicklung durch und ist in dem, was er sagt und macht sehr glaubhaft.

Brenna Donnegal ist eine äußerst selbstbewusste Frau, Anfang zwanzig. Sie ist in die Fußstapfen ihres Vaters, als Landarzt getreten, nachdem dieser zu Forschungszwecken nach Indien gegangen bzw. vor Scham geflohen ist, weil seine Theorie zu Cholera belächelt wurde. Nun hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Theorie ihres Vaters zu beweisen, aber auch sich dem tradierten Rollenmuster der Frau zu entziehen. Und das ist wirklich gelungen. Brenna hat ihr Ziel klar vor Augen und lässt sich durch nichts und niemanden davon abbringen. Sie meistert alle Hürden, auch wenn manche ziemlich sexy sind und sie bleibt sich auf ihrem Weg treu. Brenna sagt, was sie denkt und genau das macht sie äußerst interessant und einzigartig. Auch sie macht eine gelungene Entwicklung durch und ist in ihrer Art sehr authentisch.

Beide Protagonisten sind sehr sympathisch und haben ausreichend Tiefe für diesen Roman.

Auch alle anderen Nebenfiguren finde ich mehr als gelungen. Jeder hat eine Aufgabe bzw. ein Ziel und jeder ist besonders. Auch wenn ich z. B. die Pastorsfrau nicht mochte, war das sicherlich gewollt und hat der Geschichte einen gewissen Mehrwert an Unterhaltung gebracht und das Thema vielschichtig gestützt. 

Besonders gefallen hat mir die Dorfgemeinschaft, denn man konnte den Zusammenhalt spüren. Jeder war auf seine Art sympathisch und sie haben sich so genommen und akzeptiert, wie sie sind.

Die Handlung fand ich ebenfalls sehr gelungen. Es gibt eine ansteigende Spannungskurve, auch in den „kleinen“ Nebenerzählsträngen, die mich immer im Buch gehalten haben. Es war spannend und unterhaltsam mit vielen größeren und kleineren Konflikten und auch überraschenden Wendungen, die sich aus der Handlung logisch ergeben haben und nicht konstruiert wirkten. Das Ende entsprach dann genau meinem Geschmack. Es war romantisch und amüsant, aber eben auch nicht drüber. Wirklich toll!

Aber wie liest sich der Roman nun?

Es sind 31 längere Kapitel, die in der 3. Person Singular im Präteritum in der personalen Erzählform, abwechselnd aus der Sicht Reillys und Brennas geschrieben sind. Mir persönlich gefällt das sehr gut. Man kann sich so sehr gut in die Figuren hineinversetzen und weiß immer, was sie gerade beschäftigt und wie sie sich gerade fühlen.

Der Schreibstil ist grandios, wie ich finde. Locker, flüssig und sehr bildreich. Die Dialoge sind frisch und unterhaltsam und passen dabei trotzdem zum Genre, was den Ausdruck angeht. Auch die atmosphärischen Beschreibungen und die Beschreibungen des Settings finde ich überaus gelingen. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich dabei und konnte mir alles super vorstellen. Frau Cabot schreibt aber auch sehr emotional. Auch prickelnde, erotische Szenen kommen nicht zu kurz.

Besonders das Ende hat mich gerührt. Es war so schön und in einer so angenehmen Stimmung, dass ich mir ein paar Tränchen verdrücken musste.

Mein Fazit nach 474 Seiten:

„Beim stolzen Herz der Lady“ ist ein wunderschöner historischer Liebesroman, der auf eine sehr unterhaltsame Art zeigt, wie sich die große Liebe heimlich anschleichen kann und wie unwesentlich sie manche Dinge erscheinen lässt, wenn man ihr verfällt.

Wer einen amüsanten historischen Liebesroman sucht, der im 19. Jahrhundert in Schottland auf der Insel Skye spielt und auch „die Rolle der Frau“, „häusliche Gewalt“ und „den Umgang mit neuen wissenschaftlichen Theorien“ thematisiert, dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (5/5 Sternen), weil es mich so grandios unterhalten und so einige Male zum Lachen gebracht hat. Dabei ist es aber auch sehr gefühlvoll und die Protagonisten sind einfach besonders und mir ans Herz gewachsen. Kritikpunkte habe ich keine.

Insgesamt ist es ein rundum gelungener Roman, den ich nur weiterempfehlen kann.

Vielen Dank an Patricia Cabot für diese wundervolle Geschichte.