Rezension

Amüsanter Roman über die Wahrheit

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße -

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
von Maxim Leo

Bewertet mit 4 Sternen

Michael Hartung ist ein Bilderbuch-Loser aus dem Osten, wenig einträglicher Job, mit davongelaufener Ehefrau. Schon zu DDR-Zeiten hat sich Hartung nicht lange an einer Arbeitsstelle halten können. Mangelnde Motivation, Jugendlicher Leichtsinn und ein ordentliches Pfund Dusseligkeit haben ihn immer wieder in schwierige Situationen, wie die Verursachung der Massenflucht per S-Bahn, hineinmanövriert.

Genau diese Massenflucht wird zum Aufhänger der Reportagen zum 30-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung und beschert Michael Hartung unerwarteten Ruhm. Wie er, sein Umfeld und auch alle Anderen damit umgehen, erzählt dieser witzige, gleichzeitig ernste Roman. 

Mir gefällt Maxim Leos Darstellung der Medien und der Politik. Für die Medien ist die Suche nach DER Story zum Jubiläum nach dreißig Jahren schwierig, bloß nicht schon wieder die gleichen Lobpreisungen auf die friedliche Revolution, zu lange gab es schon nichts Spektakuläres zum Thema mehr. So muss der Aktenfund zu Hartungs Massenflucht-Debakel heranwachsen zu einer attraktiven Heldengeschichte. Als der Held geboren ist, soll er sofort auch der Politik dienlich sein.

In lockerem, erfrischenden Schreibstil schwelgen die Leser mit dem Helden in Kindheitserinnerungen, streifen so manches, hier wunderbar aufbereitetes Klischee. Das Ausschlachten der Heldengeschichte fühlt sich an wie ein Wettlauf, ein Run, wo nur die ersten etwas vom großen Kuchen bekommen. Die Geschichte ist aber auch ein Kampf um die Wahrheit, wessen Wahrheit, welchen Teil der Wahrheit oder um die ganze Wahrheit?

Ich habe mich beim Lesen sehr amüsiert. Es gab auch einige nachdenkliche Momente. Insgesamt war es eine witzige Angelegenheit, die ich gern weiterempfehle.