Anders als erwartet
Bewertet mit 2.5 Sternen
Fast jeder von uns teilt etwas von seinem Leben im Internet (ich alleine teile gerade diese Rezension im Internet) - die einen mehr, die andern weniger. Die Protagonitsin entscheidet sich daher, in Mitten der in diesem Roman sehr präsenten Coronakriese, aus dem Internet zu verschwinden. Dabei meint sie allerdings nicht, einfach keine sozialen Medien mehr zu verwenden und sich von Streaming Diensten loszusagen. Sie meint damit, jede noch so kleine Spur aus dem Internet von sich zu entfernen und sogar auf die Nutzung von Smartphone und somit auch auf die Nutzung von digitalen Kartenfunktionen, Messenger Dienste, E-Mails, Urban Sports, Lieferdienste etc. zu verzichten. Sie geht sogar so weit und kündigt ihren Job als Dozentin und nutzt ihre neu gewonnene Freizeit nur noch für ihr neues Projekt "der Flucht aus dem Internet". Ihr Antrieb dafür - der Angst vor einem Shit Storm. Und hier kommt mein Unverständnis - inwiefern stellt z.B. die Nutzung einer SportApp, Maps o.ä. eine Gefahr für einen Shit Storm dar? Wie im Klappentext angeteasert entwickelt sich dies alles zu einem Zwang und nimmt unvollziehbare Ausmaße an, dass sie sich komplett in einer analogen, einsamen verzerrten Realität verkriecht.
Für mich am enttäuschensten - sie hat keinen neuen Ausgleich im Leben. Ich hatte gehofft, dass sie nach neuen Hobbies in der analogen Welt sucht, aufzeigt, was man alles ohne Internet Wunderbares erleben kann. Aber an die erwähnte neue Yogaroutine, wie im Klappentext genannt, kann ich mich nicht erinnern. Oder die Möglichkeit die Zeit zu nutzen, mehr unter Leute gehen, sich mit Freunden treffen, Malen, Stricken und was es nicht alles für Möglichkeiten gibt. Nichts dergleichen. Stattdessen meidet sie das reale Leben fast genauso viel wie das Internet. Aus immer absurder werdenden Ängsten. Ich kann verstehen, was die Autorin aufzeigen möchte. Aber ich habe einfach etwas anderes erwartet, konnte mit der Protagonistin null sympathisieren und konnte für mich aus dem Buch nicht wirklich etwas mittnehmen. Keine Leseempfehlung von mir. Die 2,5 Sterne gibt es für die B-Note, da der Schreibstil ganz gut war und es sich daher auch gut lesen ließ.