Rezension

anders als erwartet, aber dennoch mit dem gewohnten Mythos-Charme

Frostglut - Jennifer Estep

Frostglut
von Jennifer Estep

Zitat:
„Alles in mir… erstarrte. Mein Blut, mein Atem, mein Herz. Alles lag kalt, schwer und reglos in meinem Körper, als hätte man mich in Eis gehüllt. Nach ein paar Sekunden verblasste der Schock, aber die Kälte blieb, zusammen mit der Angst – schrecklicher, entsetzlicher Angst […]“
(S. 301)

Inhalt:
Es hätte ihr erstes Date mit Logan werden sollen. Doch es geht alles schief. Zuerst plappert Gwen vor Aufregung nur unnötiges Zeug, dann kippt sie beide Getränke über Logan. 
Zu guter Letzt lernt sie Logans Vater kennen. Linus Quinn, der Vorsitzende des Protektorats, der Polizei der mythologischen Welt.
Der Mann, der Gwen anklagt und vor Gericht stellen will. Die Anschuldigung: Verrat am Pantheon durch die Befreiung Lokis und weitere Vergehen.

Schlimmer als dieser Vorwurf sind aber die Reaktion und das Verhalten ihrer Mitschüler. Während der Ermittlungen darf Gwen weiterhin auf der Mythos Academy bleiben, stets bewacht von Alexei, einem Bogatyr, der die Ausbildung zum Protektoratsmitglied absolviert. Aber Unterricht und Pausen werden zu einem wahren Spießrutenlauf, Gwen wird gemobbt und attackiert, insbesondere von der Oberzicke Helena.

Einmal mehr wird Gwen klar, wie wichtig ihre Freunde sind. Gemeinsam versuchen sie zu ergründen, was genau schief gelaufen ist und vor allem, wer diese Anschuldigungen gegen Gwen vorgebracht hat.

Meinung:
Mittlerweile habe ich mich so auf der Mythos Academy eingelebt, dass ich mich über die Erscheinung jedes weiteren Teils freue und so konnte ich natürlich auch „Frostglut“ nicht lange ungelesen liegen lassen.

Und eines muss man der Autorin lassen: Sie schafft es, einen innerhalb der ersten Seiten wieder ans Buch zu fesseln, das Gefühl zu vermitteln, man wäre nie weg gewesen. Durch ein bis zwei erklärende Rückblicke vervollständigte sich mein Bild wieder und ich konnte den weiteren Entwicklungen entgegensehen.

So nahm ich ebenso schockiert wie Gwen die Anklage des Protektorats entgegen, ließ es zu, dass man ihr einen Bewacher zur Seite stellte und wurde anschließend Zeuge von zahlreichen Mobbing-Attacken und Schlimmerem, die sich bis über das erste Drittel des Buches hinaus zogen. Ich fühlte mit Gwen mit, litt mit ihr, aber es passierte (gefühlt) eine sehr lange Zeit nichts.

Erst, als endlich Bewegung in die Sache kommt, Gwen den Kopf hebt und sich nicht vor  ihrem Schicksal versteckt sondern erhobenen Hauptes entgegenstellt, fühlte ich mich wieder richtig wohl und konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Gwen lernt, was es heißt, Nikes Champion zu sein, folgt wieder einmal Spuren und Indizien, lässt sich nicht unterkriegen und findet somit zu alter Stärke zurück.

Durch den Auftritt von Linus Quinn zeigt Logan neue Facetten. Die Beziehung zu seinem Vater wird in ein anderes Licht gerückt, spätestens gegen Ende der Geschichte. Seine stetigen Schuldgefühle, die er so lange Zeit vor Gwen verborgen hatte, werden wieder hervorgekramt und bekommen eine zentrale Rolle zugewiesen. Logan spielt einmal mehr den Retter und Beschützer, doch manchmal müssen auch solche gerettet werden.

In gewohnt lockerem und jugendlichem Schreibstil beleuchtet Jennifer Estep in „Frostglut“ die Beziehung der Frost- und Quinn-Familie, erklärt, warum zwischen dem Bibliothekar und Logans Vater Zwiespalt herrscht und warum Eifersucht auch den Blick der Besten der Besten trüben kann.

Durch die Erzählung aus Gwens Ich-Perspektive spürte ich hautnah all ihre Gefühle, jedoch entzog sich mir auf diese Weise insbesondere im ersten Drittel das Interessanteste der Geschichte. Nämlich was Gwen alles verschwiegen wird und worüber sie keine Kenntnis hat. 

So entwickelte sich die Spannung nach dem ersten Schockmoment der Anklageerhebung erst sehr spät, danach konnte ich aber wieder die gewohnte Action im Rahmen der Kämpfe gegen Schnitter erleben und alles steuerte auf die Auflösung zu, den Plan der Schnitter, dem ich begierig entgegensah. Weiter und weiter wurde ich durch die Seiten getrieben, fieberte und zitterte und ließ mich überraschen. Atemlos raste ich auf den Showdown zu und wurde von Jennifer Estep weitergequält. Ich kann nur hoffen, dass Band 5 nicht lange auf sich warten lässt und Gwen ihren Job als Nikes Champion bald fortsetzen kann.

Als Bonus gibt es wieder eine Übersicht über die Krieger, die Charaktere und das Schulgelände von Mythos, was über das viel zu schnelle Ende des Buches durchaus etwas hinwegtröstet.

Urteil:
Der vierte Band der „Mythos Academy“-Serie kam nicht ganz an den grandiosen Vorgängerband „Frostherz“ heran, insbesondere das erste Drittel war nur mit sehr zarten Spannungsspitzen versehen, was der Rest des Buches aber wieder mehr als wettmachte. Action, Kämpfe, Überraschungen, neue göttliche Besuche… und Charakterentwicklungen, die es in sich haben! Macht im Schnitt 4 Bücher für Gwen Frosts vierte Episode aus ihrem Leben auf der Mythos Academy.

Wer die Serie bisher mochte, wird sich auch diesem Teil nicht entziehen können. Auch wenn ich beim Ende des Vorgängers etwas anderes von diesem vierten Teil erwartet hatte, konnte er mich in Summe mit seinen Entwicklungen dennoch überzeugen.

Die Serie:
Frostkuss
Frostfluch
Frostherz
Frostglut
Frostnacht
(Erscheinungstermin: März 2014)
6. Originaltitel: Killer Frost
(Erscheinungsdatum: unbekannt)

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