Rezension

Anders als nach Klappentext erwartet

Geiger
von Gustaf Skördeman

Bewertet mit 3 Sternen

Das Ehepaar Broman lebt sehr idyllisch in ihrem Haus mit Garten und Seezugang. Jahrelang war Stellan Broman ein gefeierter Fernsehstar, praktisch jeder in Schweden kannte ihn, er war Botschafter des Landes, hatte Kontakte in höchste Kreise, Freunde in Politik und Kultur, seine Feste waren legendär. Jetzt ist er tot, seine Ehefrau Agneta verschwunden und all das nach einem mysteriösen Telefonanruf, bei dem nur ein Name genannt wurde, Geiger.

Der Thriller ködert den Leser über den Klappentext, in dem er ein sogenanntes "Schläferszenario" beschreibt. Jemand erhält einen Anruf, woraufhin sich eine Kette von Ereignissen in Gang setzt. Ein Szenario, dass man aus Spionagethrillern der achtziger Jahre noch gut in Erinnerung hat, das aber sicher auch heute noch Aktualität besitzt, bedenkt man die terroristische Entwicklung zb im Nahen Osten. Leider geht das Buch dann in eine ganz andere Richtung, als erwartet, landet man doch im Lauf der Geschichte tief im Sumpf aus kaltem Krieg, DDR und Stasi. 

Schwedenkrimis sind oft eher schwer und bedrückend, auch für dieses Buch trifft das durchaus zu, wobei das hier sowohl aus Teilen der Geschichte an sich herrührt, wie auch aus den Figuren. Die Figuren sind vielschichtig und undurchsichtig im negativen Sinne, ihr Handeln oft abscheulich, teilweise nur bedingt nachvollziehbar. Die Ermittlungen zum Fall bringen Ereignisse ans Licht, die den Leser schlucken lassen. Ich bin nicht naiv und mir ist durchaus bewusst, dass solche Methoden tatsächlich angewandt wurden. Leider ist nicht ersichtlich, ob der Autor hier auf reale Rechercheergebnisse zurück greift, oder es sich komplett um Fiktion handelt. Was mich verwundert und auch etwas gestört hat, ist der Zeitpunkt des Buches. Warum kommt der Autor jetzt mit einem Thema, das dreißig Jahre in der Vergangenheit lieg und dessen Protagonisten lange das Rentenalter erreicht haben? Will der Autor auf immer noch bestehende Gefahren hinweisen, auf real existierende Bedrohungen, oder einfach nur den Blick zurück auf eine dunkle Epoche richten?

Schon die klassischen Spionagethriller von Ken Follett, oder John le Carre, konnten mich nie wirklich begeistern. Ich mochte diese ganzen politischen Verwicklungen nie besonders und konnte mich nie mit den Methoden, dem Fanatismus, dieser - der Zweck heiligt die Mittel und nur unsere Ziele sind die einzig hehren Ziele - Mentalität anfreunden. Mir geht dieses Buch zu sehr in diese Richtung und das fand ich, trotz der Brisanz, eher ermüdend, Spannung ist nur punktuell vorhanden, die Geschehnisse sind undurchsichtig, die Auflösung zwar überraschend, aber für mich wenig plausibel. Hierzu muss sich aber jeder sein eigenes Urteil bilden.

Das Buch ist wohl als Beginn einer Reihe angelegt. Wenn es weitere Bücher gibt, dann sicher mit Komissarin Sara Nowak. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie das unter diesem Titel funktionieren soll, den Geigers Geschichte ist für mich eigentlich auserzählt.