Rezension

Anspruchsvolle Geschichte mit professioneller Auseinandersetzung

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster - Susann Pásztor

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
von Susann Pásztor

Bewertet mit 5 Sternen

 

In „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ beschreibt Susann Pásztor, die letzten Wochen der krebskranken Karla, wie sie sich mit dem Tod auseinandersetzt, selber ganz konkrete Vorstellungen hat und von ihrem Leben Abschied nimmt. Begleitet wird sie von mehreren Bekannten, auch von Fred, einem ehrenamtlichen Mitarbeiter eines Hospizes. Für Fred, den alleinerziehenden Vater des 13jährigen Phillips, ist dies die erste Sterbebegleitung; manchesmal kommt es zu Mißverständnissen und er fühltsich hilflos; auch Phil ist in gewisserweise an dieser Sterbebegleitung beteiligt und entwickelt sich, genau wie die Vater-Sohn-Beziehung in dieser Zeit, enorm weiter.

 

Susann Pásztor hat selber eine Ausbildung als Sterbebegleiterin abgeschlossen und ist seit mehreren Jahren ehrenamtlich tätig – und genau das merkt man diesem Buch an: Ganz professionell beschreibt sie die Tätigkeit eines Sterbebegleiters, berichtet von Meetings und Supervisionen, in denen sich die Ehrenamtlichen austauschen, dort unter anderem von ihren Herausforderungen, Ängsten, Nöten und Beweggründen berichten, von ihrem Bemühen die letzte Zeit für den Sterbenden besonders angenehm zu gestalten und auch davon, wie schmerzlich es manchmal sein kann, wenn der Begleiteten dann verstorben ist. Auch die andere Seite weiß die Autorin bestens zu vermitteln, beschreibt die Auseinandersetzung Sterbender mit dem Tod, bezieht sich auf die einzelnen Schritte nach Kübler-Ross, zeigt Möglichkeiten des Abschiednehmens und der Auseinandersetzung damit auf, beleuchtet Bestattungsmodalitäten, wobei sie auf vielfältige Möglichkeiten eingeht. Beieindruckend fand ich auch ihre Ausführungen zum Sterbenfasten.

 

Nachdem man sich in das Buch ein wenig eingelesen hat, wird auch die Bedeutung des Titels klar, den man treffender überhaupt nicht hätte formulieren können. Die wunderbar erzählte Geschichte zwischen Karla und Fred und auch das Neuentdecken der Vater-Sohn-Beziehung fand ich spannend und äußerst abwechslungsreich geschildert. Mit jedem Kapitel wechselt der Erzähler, aber da schon die Überschrift verrät, wessen Perspektive dargestellt wird, fällt der stete Wechsel sehr leicht. Zwischendurch werden selbstgeschriebene Gedichte von Phil eingefügt, dessen Leidenschaft der Lyrik gilt oder Listen, die Karla schreibt, die Gedanken oder Wahrnehmungen in ganz reduzierter Form auflisten und sich im Laufe der Zeit inhaltlich ändern.

 

Susann Pásztor hat eine eindrucksvolle Geschichte erzählt, und nebenbei erhält der Leser einen sehr guten Einblick in die Situation sowie die Arbeit von Sterbebegleitern. Was mir ganz besonders gut gefallen hat, war diese professionelle Sicht, die sachliche Darstellung ohne Effekthascherei oder Bearbeiten der Tränendrüsen.