Rezension

Anthropologe mit detektivischem Gespür

Die ewigen Toten - Simon Beckett

Die ewigen Toten
von Simon Beckett

Bewertet mit 4 Sternen

Das Krankenhaus St. Jude in London steht schon jahrelang leer. Kurz vor dem Abriss wird am Dachboden eine mumifizierte Leiche gefunden. Bei der Begutachtung des Leichnams bricht die Decke ein. Darunter befindet sich ein unzugänglicher Raum, ausgestattet mit Krankenbetten und weiteren mumifizierten Leichen darin. David Hunters sechster Fall beginnt ... 

"Die ewigen Toten" ist der 6. Teil der David-Hunter-Reihe. Der forensische Anthropologe schreitet dann zur Tat, wenn von Leichen fast nur mehr Knochen übrig sind. Daher ist er beim Fall um die ewigen Toten im ehemaligen Krankenhaus St. Jude gefragt.

Schauplatz der Ermittlungen ist das stillgelegte Krankenhaus St. Jude in London. Es soll abgerissen werden, daher wurden überhaupt erst die Leichen gefunden. Vom Setting her hat es beinahe Lost-Place-Charakter, weil überall noch Überbleibsel vom geschäftigen Treiben vergangener Zeiten sind. 

Die Leichen dürften zu einem späteren Zeitpunkt hinzugekommen sein, gerade deshalb sind David Hunter und sein Fach gefragt.

Der Fall selbst ist aufgrund der mumifizierten Leichen natürlich mysteriös. Hunter geht mit professioneller Ruhe seiner Arbeit nach, und entlockt den Toten ihre Geheimnisse.

Mir gefällt an dieser Reihe, dass man aufgrund Hunters Beruf Einblicke in das Fachgebiet der Anthropologie erhält. Es gibt Fakten zu Beckenknochen, der Länge von Oberschenkelknochen, woran man das Alter einer skelettierten Leiche erkennt, und wie ein Gebissvergleich funktioniert. All diese Hintergrundinformationen machen die Reihe interessant für mich.

Dabei ist es in Ordnung, dass der Fall an sich eher ruhig abgehandelt wird. Der smarte Anthropologe mischt sich unabsichtlich in die Ermittlungen ein, schlägt Wellen bei offiziellen Stellen, und merkt dabei, dass die jüngere Anthropologen-Generation mittlerweile in den Startlöchern steht. 

All das hat Simon Beckett fesselnd und gekonnt umgesetzt, und den kriminalistischen Anteil auf eine interessante Grundlage gebaut. Obwohl ich bei Krimis oft ahne, wer in welchem Ausmaß seine Finger im Spiel hat, konnte mich Beckett am Ende sogar verblüffen - was die Handlung zu einem kriminalistischen Vergnügen macht.

Außerdem weiß ich es zu schätzen, dass Hunter weder ein durchtrainierter Action-Held noch im Fall selbst eine persönliche Rechnung begleicht. Er ist schlicht und einfach Anthropologe mit detektivischem Gespür, das bei manchem Fall eine Hilfe ist.

Im Endeffekt bin ich von „Die ewigen Toten“ begeistert. Es war genau das, was ich mir von einem soliden David-Hunter-Krimi erwarte. Ich hoffe auf weitere Bände, und freue mich, falls es mit Hunter wieder an die Knochen geht.

Die David-Hunter-Reihe:
1) Die Chemie des Todes
2) Kalte Asche
3) Leichenblässe
4) Verwesung
5) Totenfang
6) Die ewigen Toten