Rezension

APFEL!

Assassin's Creed 02. Die Bruderschaft - Oliver Bowden

Assassin's Creed 02. Die Bruderschaft
von Oliver Bowden

Bewertet mit 1 Sternen

„Benutz den Apfel“

Es ist noch gar nicht so lange her, da las ich ‚Black Flag‘. Ich hatte das dazu gehörige Spiel gerade erst gezockt und wartete auf Unity. (‚Unity‘ habe ich noch nicht gelesen, aber gespielt und jetzt gerade steht der neueste Steampunktitel von AC an: ‚Syndicate‘.) Um mir die Wartezeit zu überbrücken, habe ich also das Buch ‚Bruderschaft‘ gelesen. Vor allem, weil ich die ganzen anderen AC Titel nie gespielt habe. Mich stört es nicht, dass der ganze Einschub über Abstergo fehlt und die Bücher ihr Augenmerk ausschließlich auf die Helden und deren Zeit richten.
Doch was bitte ist zwischen ‚Bruderschaft‘ und ‚Black Flag‘ passiert?

Liebe Kinder, macht das nicht nach! Schreibt auf keinen Fall einfach nur ab was passiert!
Diese 400Seiten waren vertane Zeit, Verschwendung an Druckertinte und Papier. Es schmerzt mich das so sagen zu müssen, denn ich weiß Bowden kann es besser! Im besten Fall kann ich zu diesem Roman sagen: ein vielversprechendes Skript, welches ausgearbeitet und ordentlich 3mal durch’s Lektorat gegangen, wirklich etwas hermachen könnte. Gab es hier keine BetaLeser? Es handelt sich um den offiziellen Roman zum Spiel, Leute wo sind die Nerds - die die dieses Buch lesen und sagen: Jep - alles relevante ist drin und stimmt. Wo sind die Stimmen gewesen, bevor das hier gedruckt wurde, die korrigiert haben? Gab es das überhaupt oder wurden sie ignoriert?
 

„Benutzt du jetzt den Apfel?“

Der Anfang war dabei sogar noch ganz gut, wenn mir auch Ezio als Charakter nicht sehr nah kam. Eine Eigenart der Assassinen ist es sich durch die Gegend zu schnetzeln, Köpfe sauber abzuschlagen und auch sonst ziemlich blutig zu Werke zu gehen. Aber ehrlich gesagt, es gibt Dinge die erwarte ich in diesem Buch einfach und es gibt Dinge die sagen einfach nur: Ja, sorry aber geschriebene Kunst war das jetzt nicht, da kann ich mir auch die Zusammenfassung auf wikipedia durchlesen und bin genauso schlau.

Ich wollte die Geschichte um Ezio erleben, erfahren, mitfühlen! Wollte leiden, jubeln und auf den Fingernägeln kauen. All dies war mir nicht vergönnt. Ezio jagt Cesare Borgia, nachdem man dem Assassinen gleich zu Anfang ‚den Apfel‘ weggenommen hat. Ein mächtiges Relikt, das in den falschen Händen viel Schaden anrichtet. Leonardo da Vinci als ältester Freund Ezios bastelt ihm neue Trickwaffen und lässt sich dafür fürstlich bezahlen von ihm. Um an die benötigten Mittel zu kommen, renoviert Ezio flux ein Bordell. Eine solide Einnahmequelle für Geld und Informationen. Die Jagd an sich ist mühselig, da Cesare immer irgendwo ist und Stadtstaaten einnimmt oder dem Erdboden gleich macht. Inhaltlich alles in Ordnung. Ezio, seine Bruderschaft, die Gilde der Diebe, Söldner und andere Parteien versuchen dem Machtstreben dieses Mannes Einhalt zu gebieten. Der Assassine schreckt auch nicht davor zurück, die unterjochten Bürger Roms für sich zu gewinnen und im Gegenzug dafür Borgia-Treue unelegant aus dem Weg zu ziehen.
 

„So kommen wir nicht weiter.
Benutz this damn apple right now!“

Seite 318: RUMMS Teil 2. Was? Was für ein zweiter Teil, der Mist geht noch weiter? Die Handlung an sich war abgeschlossen. Gut es gab ein paar offene Stränge, aber hätte mich jetzt auch nicht mehr gestört. Ich breche ungern Bücher ab. Um sich ein Urteil bilden zu können, heißt es, muss man auch wissen was man da kritisiert. Also aufgemerkt: Ich übe KEINE Kritik am Inhalt (der war ohnehin vorgegeben).
Was also stimmte hier nicht? Das Lesen hat keinen Spaß gemacht, so einfach.
Mir fehlen an etlichen Stellen Umgebungsdetails, Bewegungen, Gedanken, Gefühle. Mir fehlt … einfach alles was das geschriebene Wort ausmacht! Hier wurde mir keine Geschichte erzählt (siehe Zusammenfassung wikipedia).
Ich kann den Finger sogar ziemlich genau drauf legen:
Seite 361 - Kapitel 56 - Sätze 7 - Zeilen 9
„Alles war bereit. Boten ritten täglich zwischen den Orten hin und her, an denen die Bruderschaft Stützpunkte eingerichtet hatte. Bartolomeo fing an, Gefallen an Ostia zu finden, und Pantasilea war begeistert von der Stadt. Antonio de Magianis hielt nach wie vor in Venedig die Stellung. Claudia war einstweilen nach Florenz zurückgekehrt, wo sie bei ihrer alten Freundin Paola wohnte, die ein erlesenes Freudenhaus unterhielt, dem die ‚Rosa in Fiore’ nachempfunden worden war. La Volpe und Rosa hielten in Rom die Augen offen.
Es war Zeit für Machiavelli und Ezio, auf die Jagd zu gehen.“

Das ist ein als ganzes Kapitel ausgewiesener Absatz ohne jeden Sinn! Er spoilert nicht einmal! Ganz ehrlich? Dieser Absatz könnte genauso gut auf Seite 12, 123, 234 … stehen … Und so fühlte sich der ganze Mittelteil an. Der Anfang kann man noch als schriftstellerisch beschreiben, aber dann werden die Szenen einfach abgehandelt. Wenn ich hier im Hintergrund den Fernseher anhabe und kurz mal hochschaue: Oh schau: Zwei Männer die kämpfen, einer fällt um, der andere sagt lustlos: „requiescat in pace“ Abblende - und ich widme mich dann wieder etwas anderem, so ist dieses Buch. Der Diener führte die Zielperson aus dem Saal. Dann: Ezio sprang hinterher, rempelte sie um. Der Diener warf sich auf die Knie und flehte. Das Opfer zog eine Waffe. Ezio haute sie ihm weg und sagte: „requiescat in pace“.

So … ihr seht, das ist jetzt nicht zitiert - wortwörtlich steht das also so nicht in dem Buch. Aber SO kommt es bei mir an. Egal worum es geht! Gespräch mit der Mutter: „Alles klar bei dir, Mom?“ - „Ja, mein Sohn.“ - „Ich muss weiter.“ - „Ist gut, mein Sohn.“
Gespräch mit einem Nebenchar: „Hast du Informationen für mich?“ - „Ja, kriegste aber nur, wenn du meine Schulden übernimmst!“ - „Kein Problem, ich schnetzel auch die Schuldeneintreiber aus deinem Weg.“ - „Danke, voll nett!“ - „Ja, so bin ich halt.“
Gespräch mit der Liebsten: „Hey Cathy - ich muss gleich los, wollen wir noch mal eben schnaxeln?“ - „Och, lass ma stecken, ich hab’ dich nur ausgenutzt!“ - „Noooooooo! Ich liebe dich doch.“
Szene Initiation: „Hier is dein Ring.“ -„Ich gelobe …“ - „So jetzt spring vom Dach da.“ - *Liste abhak’* - „Next!“
Szene auf Cesare treffen: „Du lebst noch, bastardi?“ - „Ich bring’ dich jetzt um, bastardi!“ - *Lange Nase mach’* „Meh, das denkst du!“
Szene wilde Verfolgungsjagd: „Schnell, dem Boot da nach!“ - „Bezahl’ mich!“ - *Erkenntnis!* „Hier ein Beutel Dukaten!“ - *Segel setz*
Und natürlich nicht zu vergessen: „Benutz den Apfel, Ezio!“ - „Zeit den Apfel zu benutzen!“ und „Das ist ein Fall für den Apfel!“
Spoiler:
„Dort fanden sie in der Gruft eine Geheimtür, hinter der ein kleines Gewölbe lag, in dessen Mitte ein Sockel stand. Auf diesen stellten sie den Kasten mit dem Apfel und zogen sich zurück. Kaum war die Tür geschlossen, war sie auch schon wie durch Zauberei nicht mehr zu sehen, (…).“

Fazit:

Da ist nichts. Keine Atmosphäre, keine Welt. Rückblickend war der einzige Char, den ich ein klein wenig mochte Bartolomeo mit seiner fetten Waffe: Bianca. (aber selbst das war wahrscheinlich vorgegeben). Ich kann mir das nur so erklären, dass der Autor sich akribisch an die Vorgaben des Spiels halten musste. Erfind’ bloß nix dazu, sonst gibt’s Haue!
Deswegen fehlen Emotionen, Ideen, Details, Humor und Spannung. Absolut fad und ohne Geschick, von einem Stil ganz zu Schweigen.

Ich hatte mir vorgenommen alle Bücher zu lesen. Bleibe aber dann lieber auf dem Wissenstand der Comics und verzichte dankend.

Urteil: requiescat in pace