Rezension

Atemberaubend!

Unsterblich 01 - Tor der Dämmerung - Julie Kagawa

Unsterblich 01 - Tor der Dämmerung
von Julie Kagawa

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt

Die Welt, wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr. Nachdem eine Epidemie den Großteil der Menschheit getötet hat, haben Vampire die Macht über die menschlichen Überlebenden gewonnen. Die Gestalten der Nacht leben in geschützten Städten, behandeln die Menschen wie Sklaven. Nur, wer bereitwillig sein Blut für die Vampire zur Verfügung stellt, kann darauf zählen, mit Essensrationen versorgt zu werden. All diejenigen, die sich allerdings nicht für die Blutspende registrieren, müssen jeden Tag damit rechnen, von den Vampiren zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Eine von ihnen ist die 17-jährige Allison, die seit Jahren auf sich allein gestellt ist. Obwohl sie sich schon vor einiger Zeit mit Gleichaltrigen zusammengeschlossen hat und gemeinsam mit ihnen um das Überleben kämpft, weiß sie tief in ihrem Herzen doch, dass eine Gemeinschaft nicht für Sicherheit sorgt.
Als Allie eines Tages auf der Suche nach Essen von Verseuchten beinahe zerfleischt wird und im Sterben liegt, trifft sie eine folgenschwere Entscheidung. Der Vampir Kanin bietet ihr an, sie vor dem ewigen Tod zu bewahren und ihr dafür ein ewiges, aber verdammtes Leben zu schenken. Allie nimmt das Angebot an…

Meinung

Viele Leseratten aus Deutschland, die immer wieder gern zu englischsprachigen Büchern greifen, haben den ersten Band der ‘Blood of Eden’ Reihe bereits verschlungen und den Auftakt mit Lobeshymnen überhäuft. Ganz klar, dass ich also um die deutsche Übersetzung nicht drum herum kommen konnte.
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich mit ‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ mein erstes Buch von der Erfolgsautorin Julie Kagawa gelesen habe. Aber eins ist ganz sicher; die Autorin hat mich mit ihrem neusten Werk mehr als überzeugt und mich nun sehr neugierig auf ihre ‘Plötzlich Fee’ Reihe gemacht.

Schreibstil

Schon nachdem ich die ersten Seiten der Geschichte gelesen hatte, konnte ich verstehen, dass Julie Kagawa so erfolgreich ist und die Anzahl der Fans immer weiter zunimmt. Wenn die Autorin in ihrer ersten Buchreihe auch nur ansatzweise so eindringlich und fesselnd geschrieben hat, wie es bei der Geschichte um Allie der Fall ist, dann kann Julie Kagawa zu einer meiner Lieblingsautorinnen aufsteigen.

Frau Kagawa versteht sich darauf, eine perfekte Balance zwischen einem mitreißenden Schreibstil, der sehr anschaulich die Schauplätze beschreibt und so eine beklemmende Atmosphäre erschafft, und einer sehr gefühlvollen Sprache zu schaffen. Aufgrund des Schreibstils konnte ich nicht anders als mit der Protagonistin mitzufiebern und mich trotz der mir so fremdartigen Welt, in der sich Allie befindet, mich ihr verbunden und nah zu fühlen. Gleichzeitig habe ich Julie Kagawas Sprache aber auch als sehr bildhaft empfunden. Das heißt, dass bei mir während des Lesens sehr schnell Bilder im Kopf entstanden sind, ohne dass die Autorin in ihrer Geschichte mit allzu ausführlichen Beschreibungen um sich wirft. Obwohl die Welt, in der die Geschichte spielt, eine fiktive ist, konnte ich mir stets vorstellen, wie es in Allies Umgebung aussieht.

Handlung

Der Schreibstil hat mich die sowieso schon sehr eindringliche Handlung noch viel intensiver wahrnehmen lassen. Auch wenn es das eher kindliche Cover nicht vermuten lässt, so ist ‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ an vielen Stellen sehr hart und schonungslos. Schon nach dem Prolog wird einem klar, dass die Geschichte nichts für zarte Gemüter ist. Julie Kagawa schreckt nicht davor zurück, liebgewonnene Figuren tödlichen Gefahren auszusetzen oder sie sogar schlimmeres durchleben zu lassen. Aber seien wir ehrlich, in einer dystopischen Welt, wie sie Julie Kagawa geschaffen hat, wäre es nicht realistisch, wenn die Figuren nicht auch einmal ‘zurückstecken’ müssten.

Bereits von Anfang an hat es mir also sofort die dystopische Welt angetan. Es ist eine äußerst befremdliche und angsteinflößende Vorstellung (und gerade das ist für mich bei einer Dystopie besonders wichtig), dass Vampire über die menschliche Rasse herrschen und eine so enorme Macht über sie ausüben. Stellt euch vor, ihr seid von der Gnade und dem Wohlwollen einer solch gefährlichen Spezies abhängig…

Neben der Atmosphäre in einer Dystopie ist es mir besonders wichtig zu erfahren, wie es für die Figuren der Geschichte sein muss, in der fiktiven dystopischen Gesellschaft zu leben. Mittlerweile habe ich leider schon oft Bücher dieses Genres gelesen, die ihrer Genrezuschreibung nicht gerechnet werden, weil man als Leser kaum einen Blick hinter die Kulisse wagen kann. Doch gerade das ist doch entscheidend wenn man die Figuren des Buchs verstehen und kennenlernen möchte. Julie Kagawa verliert in ihrer Geschichte allerdings keine Zeit und als Leser ist man daher sofort Teil der Gesellschaft.

Auch, wenn das englische Original zuvor schon bis in den Himmel gelobt wurde, muss ich gestehen, dass ich meine Skepsis nicht ganz ablegen konnte. Natürlich hat mich auch der Klappentext sofort neugierig gestimmt, doch habe ich mich gleichzeitig auch gefragt, ob Vampirgeschichten nicht langsam oft genug erzählt wurden. Doch lasst euch gesagt sein, dass Julie Kagawa mit ‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ etwas völlig neues und außergewöhnliches geschaffen hat. Mit diesem Buch erwartet euch keine 0815 (Vampir)Geschichte.

Die Vampire sind in Julie Kagawas Version genau das, was wir VOR der Twilight Saga immer von Vampiren erwartet haben. Monster und Bestien, die (mit auf wenigen Ausnahmen) von ihrer Gier nach Blut getrieben werden. Völlig klar, dass diese Vampire für eine sehr beklemmende und angsteinflößende Stimmung gesorgt haben. Doch Julie Kagawa legt noch einen oben drauf. Als ob nicht nur eine furchteinflößende Spezies reichen würde, nein, sie konfrontiert die Protagonistin und gleichzeitig auch den Leser mit weiteren Schreckensfiguren. Verseuchte, noch gefährlichere Wesen als es die Vampire sind, und Maulwurfsmenschen, die im Dunkeln leben und alles dafür geben würden, um ihre eigene Haut zu retten. So gerät unsere Protagonistin Allie natürlich in allerlei halsbrecherische Situationen und das bereits, bevor die eigentliche Handlung überhaupt begonnen hat.

Figuren

Mit Allie habe ich eine gleichzeitig starke und sanfte Protagonistin kennengelernt. Es ist unheimlich spannend mitzuerleben, wie Allie, egal ob als Mensch oder als neugeborener Vampir, stets auf einem schmalen Grat zwischen der Bewahrung ihrer Menschlichkeit und dem Drang zu Überleben wandelt.

Es ist der männliche Part der Geschichte, nämlich Zeke, der Allie dazu bringt, an ihre menschlichen Eigenschaften festzuhalten. Allie und Zeke gemeinsam zu erleben, ihre Ängste, Träume und Gefühle erfahren zu können, hat für angenehmen Wechsel in der ansonsten sehr brutalen Handlung gesorgt.
Sowohl Allie als auch Zeke sind für mich im Jugendbuchgenre besonders außergewöhnliche Persönlichkeiten. Obwohl sie beide noch im Jugendalter sind, so werden sie aufgrund ihrer gewalttätigen und düsteren Umwelt dazu gezwungen, schnell erwachsen zu werden. Naivität kann in ihrer Welt schnell tödlich enden und die ständige Konfrontation von Verlust, Tod, Hunger und Gewalt veranlasst Allie und Zeke immer wieder dazu, ihre Weltsichten zu überdenken und natürlich auch mit den Lesern zu teilen.

Auch, wenn manche vielleicht kritisch anmerken oder aufschreien, dass eine dystopische Vampirgeschichte keine romantischen Züge benötigt, hat dieser Handlungsstrang die Geschichte für mich besonders authentisch gemacht. Vor allem aber hat es den Figuren ermöglicht, sich immer wieder von einer anderen Seite zu zeigen und mich als Leserin so zu überraschen.

Blick in die Zukunft

‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ ist der Auftakt einer Trilogie. Auf Englisch ist bereits der Folgeband, ‘The Eternity Cure‘, erschienen. Teil 3 soll voraussichtlich im Jahr 2014 auf Englisch erscheinen. Er wird den Namen ‘The Forever Song‘ tragen. Deutsche Erscheinungstermine sind noch nicht bekannt.

In der Anthologie ‘‘Til The World Ends‘ hat die Julie Kagawa außerdem eine Kurzgeschichte veröffentlicht, die die über die Epidemie erzählt, die vor der Handlung von ‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ ausgebrochen ist.

Noch bevor der erste Band der Trilogie im letzten Jahr in den USA erschienen ist, hat sich Palomar Pictures die Rechte für eine mögliche Verfilmung gesichert. Ob das Buch nun wirklich verfilmt wird, steht allerdings noch nicht fest.

Fazit

Julie Kagawa hat mit ‘Unsterblich – Tor der Dämmerung’ etwas Außergewöhnliches geschaffen. Sie kehrt mit ihrer Version von Vampiren zu den Wurzeln zurück und zeigt, dass eine Geschichte nicht immer glitzernde und hochromantische Vampire benötigt, um den Leser zu fesseln und gleichermaßen zu berühren. Allies Geschichte ist von der ersten bis zur letzten Seite ein absolutes Abenteuer. Sie erzählt von menschlichen Abgründen, der Macht der Hoffnung und der Kraft der Liebe. Der Schreibstil macht es außerdem möglich, sich zurückzulehnen, die Gedanken auszuschalten und sich in einem rasanten und gleichzeitig emotionalen Kopfkino wiederzufinden. ‚Unsterblich – Tor der Dämmerung‘ ist atemberaubend!