Rezension

Atemberaubende Jagd nach der Wahrheit

Vielleicht morgen - Guillaume Musso

Vielleicht morgen
von Guillaume Musso

Bewertet mit 4.5 Sternen

Emma Lovenstein hat eine absorbierende Liebesbeziehung hinter sich und ist emotional labil. Matthew Shapiro hat vor einem Jahr durch einen Unfall seine Frau verloren und kommt über den Verlust nicht hinweg. Beide lernen sich durch einen Zufall per E-Mail-Austausch kennen. Es könnte eine ganz normale, nette, kitschige Liebesgeschichte werden, wie es sie zu Hunderttausenden auf dem Markt gibt. Wird es aber nicht. Denn etwas stimmt nicht in dieser Geschichte, so dass sich der Leser am Kopf kratzt und mindestens einmal laut "Hä?" ruft ... Und dann wird es atemberaubend. Und böse.

Die Story spielt mit einer Was-wäre-wenn-Unmöglichkeit und gleichzeitig mit dem ständigen Worst-Case-Szenario. Schwer zu verdauen finde ich, dass die beiden Protagonisten, zumindest anfangs, absolut egoistisch, ja gewissenlos handeln. Wie weit ist man zu gehen bereit, um sein Ziel zu erreichen? Wenn man die Frage nach der Schamgrenze für das eigene Verhalten erst einmal ausklammert, werden einem die Figuren durchaus sympathisch. Ich will das nicht. Ich will nicht, dass mir Figuren sympathisch werden, die sich mit so einer permanenten Gewissenlosigkeit durch die Handlung bewegen. Aber am Ende hat der Autor natürlich genau das geschafft. Das Ende ist fulminant und irgendwie sogar genial.

Alles in allem ein sehr gelungener Roman, auch wenn mir manches zu medizinisch war. Einen leichten Punktabzug gibt es von mir für den heftigen moralischen Knick in der Optik; so was mag ich einfach nicht. Aber ich kann jetzt schon verstehen, warum ich bisher über diesen Autor nur Gutes gehört habe.