Rezension

Atmosphärisch dichter IRA-Thriller

Die Schatten von Belfast - Stuart Neville

Die Schatten von Belfast
von Stuart Neville

Bewertet mit 3.5 Sternen

Er war der Mann fürs Grobe. Ein gnadenloser Killer der IRA. Zahlreiche Tote gingen auf sein Konto. Er verbüßte eine lange Haftstrafe für seine Taten. Doch damit sind sie nicht gesühnt. Noch lange nicht. Alle seine Auftraggeber müssen sterben. Warum? Weil es die Stimmen seiner Opfer verlangen. Erbarmungslos. Er muss sich seiner Vergangenheit stellen. Zwölf weitere Opfer bis zum ersehnten Seelenfrieden… (?)

Gerry Fegan, ehemaliger IRA-Killer, findet sich nach langer Zeit im Gefängnis in einer neuen Welt wieder: In Nordirland herrscht weitestgehend Frieden, seine einstigen Weggefährten, verschworen der einen Sache, halten sich nun entweder als Kleinkriminelle über Wasser oder haben Karriere in der neuen Politiklandschaft gemacht; ein explosives Gemisch: Korruption und mafiöse Strukturen beherrschen das neue Nordirland hinter der frisch gestrichenen Fassade.

Fegan, von seinen alten Freunden bedrängt, in die neuen lukrativen Geschäfte im Untergrund einzusteigen, sehnt sich nur nach einem: Ruhe. Ruhe vor seinen zwölf Begleitern, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen und ihn in den Wahnsinn treiben. Er versucht, seine Wahnvorstellungen im Whisky zu ertränken, doch vergeblich. Der einzige Weg, sich von den Chimären zu befreien, besteht darin, den stummen Befehlen seiner Opfer Folge zu leisten und die jeweiligen Auftraggeber seiner Morde zur Rechenschaft ziehen. Ein blutiger Feldzug unter seinen ehemaligen Weggefährten beginnt, in dessen Verlauf dem gehetzten Fegan ein ums andere Mal bewusst wird, welch verkommene Individuen, erfüllt von Hass, Gier und Sadismus, ihn zu dem Menschen gemacht haben, der er heute ist.

Stuart Neville bringt hier einen atmosphärisch dichten Thriller aufs Papier, der, obwohl Action und ungemeine Spannung auf den ersten Blick im Vordergrund stehen, dennoch auch hinsichtlich der Rahmenbedingungen einen glaubhaften Einblick in die Strukturen seiner Heimat nach dem Nordirlandkonflikt gibt. Die Suche nach einem neuen Platz in der Gesellschaft nach den Jahren des Kampfes, das Festhalten an alten Banden, die nur in Kriminalität aufrecht erhalten werden können, zeichnen das Bild eines Landes, das nach der weitestgehend formellen Unabhängigkeit noch lange nicht zur inneren Ruhe gefunden hat: Im Juli letzten Jahres erklärten verschiedene Splittergruppen eine Neugründung der IRA.