Rezension

Atmosphärisch eindringlicher Thriller in ganz eigenem Erzählstil - poetisch und brutal zugleich

STILL
von Zoran Drvenkar

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Ein Mann ist auf der Suche nach seiner Tochter. Er nimmt dafür eine neue Identität an und schleust sich in eine Gruppe von Männern ein, die ihn zu seiner Tochter führen sollen.
Ein Mädchen sitzt seit sechs Jahren still und reglos vor dem Fenster ohne ein Wort zu sprechen. Ihre Erinnerungen sind tief in ihr verschlossen. 
Vier Männer gehen auf eine andere Art der Jagd und warten auf den herannahenden Winter.

 

Cover und Gestaltung:

Das Cover finde total schön und auch sehr passend. Man sieht einen zugefrorenen mit Schnee bedeckten See und dahinter eine Hütte. Beides hat eine spezielle Bedeutung im Buch. Das Cover schlägt auch die Verbindung zum Titel, denn es strahlt Ruhe aus. Dennoch wirkt es geheimnisvoll und düster und die Kälte ist förmlich spürbar. Für mich ist es das perfekte Cover, denn es verbindet Ruhe mit einer düsteren, kalten und beklemmenden Atmosphäre, wie auch die Geschichte.
 

Meine Meinung:

Zoran Drvenkar setzt in diesem Thriller wieder einmal gekonnt seine, mir bereits aus seinem Buch "Sorry" bekannte, ganz eigene Erzählweise ein, in der er aus verschiedenen Perspektiven schreibt. Dabei sind die verschiedenen Kapitel betitelt mit "ICH", "DU" und "SIE" und werden auch wie betitelt in der 1. und 2. Person Singular, sowie der 3. Person Plural erzählt.
Der Ich-Erzähler ist der Lehrer Mika Stellar, der seine Tochter sucht und sich in eine Gruppe von Männern schleust, die er für ihr Verschwinden verantwortlich macht. "SIE" sind ein Mythos, eine geheimnisvolle Gruppe von Männern, die jedes Jahr auf den Winter warten, in dem sie auf eine ganz spezielle Jagd gehen. Mit "DU" schlüpft der Leser diesmal in die Rolle des Opfers. Ein Mädchen, dass entkommen ist und seit Jahren kein Wort mehr gesprochen hat, sondern nur reglos aus dem Fenster starrt.

Der Plot ist sehr gut konzipiert, die Wechsel der Perspektiven flüssig und genau am richtigen Punkt. Vom kryptischen Klappentext her weiß man nicht, was einen erwartet und Zoran Drvenkar gelingt es auch den Leser lange im Unklaren darüber zu lassen. Aber nach und nach scheint sich alles zu einer großen ganzen, an Schrecken kaum zu überbietenden Handlung zusammenzufügen. Aber Zoran Drvenkar fügt auch einige Wendungen ein und überrascht den Leser immer wieder, wenn dieser gerade meint zu wissen, um was es geht. 

Erzählt wird die Geschichte in einem schier unglaublichen Schreibstil. Das Erzähltempo ist nicht sonderlich hoch und das Buch kommt ohne nähere, blutige Gewaltdarstellungen aus und überlässt vieles der Fantasie des Lesers. All das hat Drvenkar aber auch nicht nötig, denn er besitzt etwas anderes in Perfektion: Die Kunst des Erzählens. Ruhig, unglaublich stimmungsvoll und ausdrucksstark, fast schon poetisch beschreibt er das Geschehen und erzeugt damit trotzdem eine unglaublich intensive, düstere, kalte und beklemmende Atmosphäre, der man sich als Leser nicht mehr entziehen kann. Grauen und Furcht macht sich breit, in welcher Brutalität und welchen menschlichen Abgründen diese Geschichte gipfeln mag. Und am Ende lässt es einen erschüttert, entsetzt und wütend zurück. Selten hat mich ein Buch so sehr aufgewühlt wie dieses.
 

Fazit:

Mit "Still" ist Zoran Drvenkar ein Thriller gelungen, der sich deutlich von anderen Mainstream Büchern dieses Genres abhebt. Sprachlich und stilistisch spielt dieses Buch in einer ganz anderen Liga und erzeugt dadurch eine ungemein dichte Atmosphäre und seine ganz eigene subtile und eindringliche Spannung. Dieser Thriller ist einer der düstersten, brutalsten und nachhallendsten, aber zugleich auch der poetischste Thriller, den ich je gelesen habe.
Von mir gibt es volle 5 Sterne für dieses Thriller Highlight und spätestens nach diesem Buch gehört Zoran Drvenkar zu meinen Lieblingsautoren in diesem Genre. 

 

Originalität 4/5
Umsetzung 5/5
Schreibstil 5/5
Charaktere 5/5
Tempo 4/5
Tiefe 5/5
Lesespaß 5/5

Rezension auch auf scriptoflife-buecherblog.blogspot.de