Rezension

Atmosphärischer Dschanor-Epos

Yenayas Smaragd - Bianca M. Riescher

Yenayas Smaragd
von Bianca M. Riescher

Bewertet mit 4 Sternen

Am Ende des ersten Bandes wurden den Protagonisten Lisaan und Tareq die Erinnerungen an ihr Abenteuer genommen. Von der Autorin definitiv ein geschickter Schachzug. Dadurch kann der 2. Band auch ohne Vorwissen gelesen werden. Allerdings erhalten die Protagonisten über die Geschichte hinweg immer wieder kleine Erinnerungsfetzen, wodurch auch Leser, die den ersten Band bereits kennen, ihre eigenen Erinnerungen an Band 1 wieder frisch machen können. 

Auch in diesem Band erfüllt die Geschichte ein besonderes Flair. Durch den atmosphärischen, bildgewaltigen Schreibstil der Autorin taucht man in die orientalische Welt Dschanors mit Leichtigkeit ein. Selbst die Charaktere drücken sich teilweise anders aus, wodurch die Atmosphäre dieser anderen Welt für den Leser verdeutlicht wird. Zum Beispiel wird dort nicht in Jahren gezählt, sondern Menschen mögen „vielleicht 40 Sommer zählen“.  

Der Leser darf in diesem Band die Sichtweisen von Lisaan oder Tareq einnehmen. Dadurch, dass beide ihre Erinnerungen an ihr vorheriges Abenteuer in Band 1 verloren haben, darf man die Charaktere nochmal von einer ganz anderen Seite kennenlernen. Zum Beispiel erhält man dieses Mal einen kleinen Einblick in den Alltag Lisaans beziehungsweise einer Priesterin. Der Leser erhält einige Informationen zu Zeremonien oder Bräuche. Genauso trifft man aber auch auf altbekannte Charakterzüge. 

Lisaan ist auch in diesem Band wieder eine ehrliche Haut, die ihrem Feind während eines Kampfes gerne fair in die Augen sieht. Von Hinterhältigkeit und unfairen Situationen, hält sie überhaupt nicht viel und hält so etwas immer für sehr feige. Dementsprechend mutig wirkt sie auf den Leser, sobald sie in den Kampf loszieht. Ihr Mut, Stolz und ihre nicht auf den Mund gefallene Art machen sie zu einer total sympathischen Protagonistin. 

Tareq hat sich auch nicht viel verändert seit Band 1. Nur ist diesmal er in der Situation des „Gefangenen“, was er äußerst entspannt entgegennimmt. Seine oft humorvolle, provozierende Art sorgen in diesem Band für etwas mehr Leichtigkeit in der Geschichte und für einige Schmunzler beim Leser. 

Außerdem nehmen Komlar und Bahida eine größere Rolle in diesem Teil ein. Komlar ist der Geliebte von Lisaan, der sie immer mit „mein Vögelchen“ anspricht. Er nimmt gerne die Rolle des großen Beschützers ein, attackiert dabei aber oft aus dem Hinterhalt und tritt dabei in mehrerlei Hinsicht auf einen falschen Nerv bei Lisaan. Bahida ist ein neuer Charakter in dieser Geschichte. Sie gehört zu den Kriegern der Kreedans (Lisaans Volk), aber der Leser bekommt bei ihr schnell das Gefühl, dass sie eine tückische Schlange ist. 

Man bekommt also nicht nur die Chance, die Protagonisten nochmal von einer völlig neuen Seite kennenzulernen, sondern auch die Nebencharaktere wurden sehr gut ausgearbeitet. Natürlich gibt es auch noch weitere Nebencharaktere wie die Mutter von Lisaan, die alte Pristerin im Walde und auch die Götter Dschanors kommen wieder zu Wort. Dabei bleiben aber die Protagonisten vollkommen im Vordergrund und auch die Liebesgeschichte nimmt wieder einen gewissen Platz im Handlungsverlauf ein. 

Meine Kritik beschränkt sich wohl auf die ständigen Beleidigungen im Buch. Wörter wie „Schlampe“ häufen sich in den Dialogen, was mir persönlich irgendwann auf den falschen Zahn traf. Auch habe ich das starke orientalische Flair aus Band 1 ein wenig missen müssen. Der war im ersten Band einfach viel ausgeprägter. Letztendlich bleibt wohl allerhöchstens noch die Länge des Buches. Meinetwegen hätte ich noch VIEL Länger in dieser Welt verbleiben können. ;-) 

Fazit: 

Dieser Band lässt sich auch ohne Vorkenntnisse lesen, aber frischt auch geschickt die Erinnerung aus Band 1 wieder auf. Mit einem atmosphärischen Schreibstil wird man in eine andere Welt entführt und darf mit altbekannten Gesichtern ein neues Abenteuer bestreiten. In dieser Geschichte sind Hauptcharaktere, sowie Nebencharaktere hervorragend herausgearbeitet und auch verschiedene Genres harmonieren hier sehr gut. Nur der orientalische Flair aus Band 1 wird man hier ein wenig missen, sowie die ständigen Beleidigungen könnten irgendwann negativ auffallen.