Rezension

auf den Spuren der Vergangenheit

Die Enkelin -

Die Enkelin
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 5 Sternen

          Der Buchhändler Kaspar findet eines Abends, als er nachhause kommt, seine geliebte Frau Birgit tot in der Badewanne. Ob es ein Unfall war, oder Selbstmord, wird er nie erfahren. Das Zusammenleben mit Birgit war nie einfach, obwohl ihre Liebe sehr groß war und Birgit vor vielen Jahren für Kaspar aus der DDR in den Westen geflohen ist. Dass sie aber nie wirklich vollkommen in ihrer neuen Heimat angekommen ist und vor allem, was sie für das gemeinsame Leben mit Kaspar zurückgelassen hat, erfährt er erst nach Birgits Tod, durch ihre ganz persönlichen Aufzeichnungen, die sie vor ihm geheim hielt. So kommt Kaspar hinter ein großes Geheimnis in Birgits früherem Leben in der DDR, erfährt, dass sie damals ihr Baby zurückgelassen hat und nun wird auch verständlicher, weshalb Birgit nie ganz glücklich war und sich immer öfter in den Alkohol flüchtete. Ihr großer Wunsch war wohl immer, ihre verlorene Tochter eines Tages wieder zu finden, doch dazu kam es bis zu ihrem Tod nicht.

Kaspar reagiert erstaunlich cool auf dieses ungeheuerliche Geheimnis und er möchte Birgits Suche nach ihrer zurückgelassenen Tochter für sie übernehmen. Und es gelingt ihm auch tatsächlich, Birgits Tochter zu finden , die inzwischen selbst Mutter einer Tochter ist. Zu dieser Stiefenkelin möchte Kaspar gerne eine Beziehung aufbauen, was allerdings gar nicht so leicht ist, denn sie und ihre Eltern leben in einer völkischen Gemeinschaft, mit deren rechtsextremen Gedankengut Kaspar so gar nicht klarkommt. Trotzdem versucht, er, in dieser für ihn völlig fremden Welt, den Kontakt zur Enkelin zu vertiefen und ihr mit Hilfe der Musik und Literatur, auch andere Werte näherzubringen, was ihm zunächst auch gelingt. Doch ihrer Familie gefällt das gar nicht, dass Kaspar sich zu sehr in das Leben der Enkelin einmischt.

Bernhard Schlink hat einen ganz eigenen Schreibstil. In eher nüchternen und kurzen Sätzen erzählt er zunächst , wie alles begann zwischen Kaspar und Birgit. Das Kennenlernen, ihre Flucht in den Westen für ein gemeinsames Leben mit Kaspar. Ihre Alkoholsucht und schließlich ihr Tod, nach dem Kaspar hinter ihr großes Geheimnis kommt, das Birgit ihr Leben lang vor ihm verheimlicht hat und ihm wird nun erst nach ihrem Tod klar, was sie wirklich damals für ihn aufgegeben hat. Und dann begibt er sich auf die Suche nach ihrer Tochter und er lernt Menschen kennen, die eine völlig andere Lebensweise und völlig entgegengesetzte Weltanschauungen zu seiner eigenen haben. Und obwohl er diese Menschen, die so viel Hass ausstrahlen, überhaupt nicht verstehen kann, möchte er nicht aufgeben und irgendwie den Kampf um Birgits Enkelin, die sie selbst nie kennenlernen durfte, aufnehmen.

Ein Buch, das mich von der ersten Seite an gefesselt hat und das ich nicht mehr weglegen konnte. Man erfährt jede Menge über deutsche Gegenwartsgeschichte, völkische Gruppen, die voller Hass ihr rechtes Gedankengut verbreiten, aber es geht auch um Liebe, Trauer, Familie , eine vielschichtige , emotionale Geschichte, die sich sehr leicht lesen lässt und die einfach mitten aus dem Leben erzählt.