Rezension

Auf der Suche nach dem Weg ins Leben

Was der Igel weiß - Peter Zimmermann

Was der Igel weiß
von Peter Zimmermann

Bewertet mit 4 Sternen

„...Es gibt ein Gesetz, das alles zusammenhält. Das die Erscheinungen strukturiert. Das alles durchwebt. Dem bin ich auf der Spur. Der Fuchs weiß viele Dinge. Doch der Igel weiß die eine große Sache...“

 

Tom lebt in Bern. Er hat eine Nachricht bekommen und wartet nun auf Patrick. Der lebt in London und ist zur Beerdigung seiner Mutter erschienen. Tom und Patrick haben sich viele Jahre nicht gesehen. Die Begegnung ist eigenartig. Ein Geheimnis überschattet ihr Wiedersehen. Und wenige Worte machen deutlich, dass keiner von ihnen das erreicht hat, von dem sie in ihrer Jugend träumten. Warum nicht? Was war geschehen?

Der Autor hat einen spannenden Jugendroman geschrieben, wobei ich mir nicht einmal sicher bin, ob das Buch als Jugendroman gedacht ist. Doch außer der Rahmenhandlung spielt die Geschichte in den Jugendjahren der Protagonisten. Tom erzählt, was damals geschah.

Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Er spiegelt die Befindlichkeiten der jungen Leute gut wider.

Tom fällt schon in der Schule durch sein empathisches Verhalten auf. Er hilft Schwächeren. Das gefällt manch Mitschüler gar nicht. Einer aber wendet sich ihm zu. Das ist Patrick. An den traut sich keiner in der Klasse ran.

 

„...Patrick streckte mir die Hand entgegen und zog mich hoch. Sie fühlte sich gut an, groß und kräftig, wie die eines Erwachsenen...“

 

Zwischen den Jungen entwickelt sich eine Freundschaft, obwohl beide aus unterschiedlichen Milieu kommen und in wesentlichen Punkten nicht der gleichen Meinung sind. Natürlich sind auch Mädchen ein Thema. Das folgende Zitat zeigt, dass der Autor die Sprache der Altersgruppe der 15 und 16jährigen beherrscht:

 

„...Die tut, als wäre sie gleichzeitig Model und Genie. Dabei ist sie nicht gerade die hellste Laterne im Umzug, wenn du mich fragst...“

 

Anfangs ist Patrick derjenige, der das Sagen bei. Bei beiden aber wird deutlich, dass sie auf der Suche sind, auf der Suche nach ihrem Weg ins Leben. Und beide wollen auf keinen Fall so leben wie ihre Altvorderen.

Als sich Tom Jasmin zuwendet, die sich für Tierschutz einsetzt, bekommt die Freundschaft erste Risse. Plötzlich sind ihm anderen Dinge wichtig als die Unternehmungen mit Patrick.

Im Roman wird auf die prekäre Situation in der Tierhaltung aufmerksam gemacht. Wie Jasmin das allerdings macht, führt zu Widerspruch, denn es ist ziemlich heftig.

Bei den Tierschützern herrscht ebenfalls keine Einigkeit. Einige haben hohe moralische Ideale.

 

„...Wer eine Aktion durchführt, ist Teil der Bewegung. Die Bewegung ist gewaltfrei. Punkt...“

 

Sachbeschädigung scheint aber nicht unter Gewalt zu fallen. Und wie verhält man sich, wen Gewaltlosigkeit und Einschaltung der Behörden zu keinem Ergebnis führt? Es ist jugendlicher Leichtsinn, der Patrick und Tom für Jahrzehnte trennt und ihren Lebenswegen neue Richtungen gibt. Und es geht um Schuld und Verantwortung.

Zu den besonderen Szenen gehört die Begegnung von Tom mit seinem Onkel Bruno. Der ist ein Freigeist. Von ihm stammt das Eingangszitat.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie eine Fehlentscheidung das ganze Leben prägt.