Rezension

Auf der Suche nach der Wahrheit mittels Schreiben eines Romans

Der unschuldige Mörder - Mattias Edvardsson

Der unschuldige Mörder
von Mattias Edvardsson

Bewertet mit 3 Sternen

Konnte mich leider nicht so ganz überzeugen, weil ich mir etwas anderes erwartet hatte.

Kurz zum Inhalt:
Im Schweden des Jahres 1996 treffen vier Literaturstudenten aufeinander und freunden sich an: Zackarias Levin, Adrian Mollberg, Fredrik Niemi und Betty Johnsson. Durch ihre Dozentin Li Karpe, eine bekannte Schriftstellerin, lernen sie den berühmt-berüchtigten Autor Leo Stark kennen und geraten in seinen Bann.
Doch am 4. Jänner 1997 verschwindet Leo spurlos. Obwohl es keine Leiche gibt und die Spuren dürftig sind, wird Adrian zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt.
2008: Als Zack seinen Job verliert und wieder zu seiner Mutter ziehen muss, beschließt er, ein Buch über den Fall zu schreiben, denn er ist fest der Meinung, dass Adrian unschuldig verurteilt wurde. Mit diesem Buch will er die Wahrheit aufdecken - doch er stößt bei seinen Recherchen bei seinen ehemaligen Mitstudenten auf Widerstand; jeder verbirgt etwas vor ihm. Und dann taucht plötzlich die Leiche von Leo Stark auf...

Meine Meinung:
"Der unschuldige Mörder" ist mehr Roman als Krimi, auch wenn sowohl Cover als auch Klappentext genau das implizieren. Leider übersieht man das Wort "Roman" daher leicht.
Dass dieses Buch kein Krimi ist, merkt man leider auch beim Aufbau des Kriminalfalls und die eher nicht vorhandene Polizei- und Aufklärungsarbeit.
Die ganze Geschichte war für mich leider etwas zäh, allerdings lassen die Zeitsprünge und damit verbundenen Perspektivwechsel doch das Interesse steigern.
Es wird abwechselnd das aktuelle Geschehen im Jahr 2008 und die Rückblenden in die damaligen Geschehnisse in den Jahren 1996 und 1997 - diese als Buchkapitel von Zacks Roman - dargestellt.
Somit kann man die Entwicklungen der einzelnen Personen gut nachvollziehen, da man sie ja sowohl in der Vergangenheit kennenlernt als auch der Gegenwart wieder trifft. Als Leser erfährt man alle Geschehnisse jedoch nur aus Zackarias Sicht.

Toll beschrieben war die Gruppendynamik der Studenten untereinander und mit der Dozentin Li Karpe bzw. der Studierenden mit Leo Stark. Auch wenn ich dieses 'Anhimmeln' und 'Vergöttern' von Leo überhaupt nicht nachvollziehen kann, denn Leo ist exzentrisch, aufbrausend und gewalttätig; irgendwie ein typisches Schriftsteller-Klischee. Warum alle derart von ihm fasziniert sind, kann ich nicht verstehen. Ein düsteres Ambiente liegt über allem.
Doch diese wiederholenden Grübeleien über das Schreiben und wie körperlich kräfteraubend das ist sowie das viele Philosophieren über das Schriftstellertum, war mir zu anstrengend und zäh zu lesen.
Der Fall selbst zieht sich in die Länge, die Geschichte tritt auf der Stelle und nichts geht weiter. Es gibt lange keine Erkenntnisse aus der Leiche, und ob Adrian nun schuldig ist oder nicht, kommt man auch keinen Schritt weiter. Etwas mehr Straffung hätte der ganzen Geschichte wohl gutgetan, da auch Spannung kaum vorhanden ist.

Toll fand ich hingegen, wie sich die Geschehnisse aus der Gegenwart und der Vergangenheit langsam zusammenfügen. Auch wenn jeder irgendetwas verschweigt. Doch das Verhalten einiger der jungen Leute nach einen Vorkommnis kann ich überhaupt nicht nachvollziehen und konnte darüber nur den Kopf schütteln - immerhin waren es - wenn auch junge - erwachsene Menschen...
Eigentlich gibt es auch gar keine tatsächliche Auflösung des Mordfalls - man liest zwar aus Sicht des Täters im letzten Kapitel des Buches-im-Buch, aber das ist ja die schriftstellerische Version aus Sicht von Zack...

Als schönes Zitat kann ich die Aussage von Zack auf S. 421 über die Wahrheit nennen; so realitätsnah und gerade für den Kriminalfall in diesem Buch perfekt passend:
"Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Ich begriff immer weniger. Aber eines verstand ich: Die Wahrheit kann sehr verschieden aussehen, je nachdem, wen man fragt."

Fazit:
Da ich mir aufgrund des Titels, des Covers und des Klappentextes einen anspruchsvollen Krimi erwartet hatte, konnte mir das Buch natürlich leider nicht das liefern, was ich eigentlich gerne gelesen hätte. Trotzdem war es stellenweise spannend und interessant, insgesamt aber zu zäh und langatmig. Daher kann ich nur 3 Sterne vergeben.