Rezension

Auf in unendliche Weiten und Möglichkeiten

Rat der Neun - Gezeichnet - Veronica Roth

Rat der Neun - Gezeichnet
von Veronica Roth

Bewertet mit 4.5 Sternen

Cover
Das Cover ist noch viel schöner, wenn es vor einem liegt. Der Titel und der Name der Autorin sind erhaben und mit einem Glanzlack überzogen, im Gegensatz dazu sind die Risse Flachprägungen. Der Hintergrund ist dunkelblau mit weißen Sprenkeln. Beim genauen Betrachten erkennt man zehn etwas größere Sterne, welche die zehn Planeten (inkl. Sonne) in diesem Buch darstellen könnten. Somit könnte die goldene Flüssigkeit, welche aus den Rissen fließt und ebenfalls mit Sternen durchsetzt ist, der sogenannte "Strom" sein, welcher in dem Buch eine tragende Kraft ist. Hier ist der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Fakt ist: Es ist ein sehr gelungenes Cover und setzt hohe Ansprüche an den Inhalt.

 

Inhalt
Jeder Mensch in der Galaxie bekommt ab einem bestimmten Zeitlauf eine Gabe vom "Strom" verliehen. Diese Gabe kann ein Segen oder auch ein Fluch sein. Für Cyra Noavek besteht ihre Gabe aus Schmerz, während Akos Kereseth's Gabe Linderung verschafft. Einige wenige bekommen dazu auch noch ein Schicksal aufgebürgt, welches unumgänglich ist. Akos und Cyra sind beide Schicksalsgesegnete. Während Akos unaufhaltsam auf sein Schicksal zusteuert (welches mit der Familie Noavek zutun hat), nähern sich die zwei Protagonisten immer mehr an. Sie müssen sich entscheiden. Kämpfen sie gemeinsam gegen den Tyrannen Ryzek, Herrscher über die Shotet und Cyra's Bruder, oder gegeneinander.

 

Textauszüge
"Zu dieser Zeit leuchtete der Stromfluss fast immer dunkelrot, genau wie die Rauschblüte. Es war das sichtbare Zeichen des Stroms, der sie alle durchfloss, jede lebende Kreatur. Er schlängelte sich durch die Galaxie und band alle Planeten zusammen wie Perlen an einer Schnur." (Seite 19)

" >>Kommt, kleines Kind, kleineres Kind, kleinstes Kind<< sagte Aoseh halbherzig. >> Ab nach Hause.<< (Seite 34)

"Ich bin ein Shotet. Ich bin scharf wie zersplittertes Glas und genauso zerbrechlich. Ich lüge besser, als ich die Wahrheit sage. Ich sehe die ganze Galaxie und erhasche dennoch nie einen Blick auf sie." (Seite 290)

 

Reihe
Rat der Neun - Gezeichnet (Diologie)
Teil zwei ist noch nicht erschienen

Bekannte andere Bücher:
Die Bestimmung (Triologie)
Die Bestimmung - Tödliche Wahrheit
Die Bestimmung - Letzte Entscheidung

Die Bestimmung - Fours Geschichte (Kurzgeschichten, aus der Sicht von Four)

 

Charaktere
Akos ist zu Anfang eher unscheinbar. Sein Bruder ist mir bei den ersten Seiten mehr im Gedächtnis geblieben.
Aber schon bald macht der Charakter eine Entwicklung durch, die sich immer mehr steigert. Er ist mutig und würde alles für seinen Bruder Eijeh tun. Zum Ende des Buches ist der Mann, der er geworden ist, kaum noch zu vergleichen mit dem kleinen Jungen der ersten Seiten. Mutig, rebellisch, kämpferisch, ehrenhaft und liebevoll stellt er sich seinen Aufgaben und dem unausweichlichem Schicksal.

Cyra’s erster Auftritt war für mich was besonderes. Man lernt sie bereits mit fünf Zeitläufen kennen und in kurzen Geschichten erfährt man viel über sie und ihre Familie. Mit jeder Geschichte wird Cyra etwas älter. Man wächst daher mit ihr mit und in meinem Fall hatte ich so schnell eine Bindung zu dem Charakter aufgebaut, das sie zu einer meiner Lieblings Figuren in der Geschichte geworden ist.

Eijeh ist der ältere Bruder von Akos und macht eigentlich die gleiche Entwicklung, nur umgekehrt. Zu Anfang hielt ich ihn für ehrgeizig, witzig und mutig, was sich aber mit der Zeit ändert. Durch die furchtbaren Dinge, die mit ihm geschehen, wird er zu einem gebrochenen Mann.

Ryzek ist Cyra’s großer Bruder und der Herrscher der Shotet. Von einem jungen, verunsicherten Kerl ist er zu einem grausamen Herrscher geworden, dank seines Vaters. Seine Gabe ist grausam und der Einsatz eben dieser, ist noch viel schlimmer. Auch wenn er ein Tyrann und gänzlich schlechter Mensch ist, habe ich sehr viel Mitleid mit ihm. Niemand wird als schlechter Mensch geboren, sie werden dazu gemacht. Und Ryzek musste schreckliches durchmachen, um so zu werden. Das er eher zu den schwachen Menschen gehörte, lies ihn nur noch schneller grausam werden.

Ori ist die beste Freundin von Eijeh und ein quirlige junge Frau. Auch sie hat ein Schicksal, welches zum Ende des Buches wichtig wird.

Sifa ist die Mutter von Cisi, Eijeh und Akos. Das Entscheidende an ihr, ist die Tatsache das sie ein Orakel ist und somit mehrere Zukünfte sieht, wovon nur eine eintreffen wird. Sie kann die Menschen in die Richtung lenken, die sie für richtig befindet. Sie ist eine Dienerin des Schicksal’s und sie würde immer zugunsten ihres „Jobs“ entscheiden, anstatt ihrer Familie. Mir war diese Figur durchgehend unsympathisch.

Teka ist eine Rebellin und kommt erst im späteren Verlauf hinzu. Sie ist sehr stark und wird hoffentlich noch eine größere Rolle im zweiten Buch spielen. Sie ist ehrgeizig, frech und kämpft für das was sie will. Ein toller Charakter mit viel Potenzial für eine weitere, bessere Entwicklung.

Auch Jorek erscheint erst etwas später im Verlauf der Geschichte. Er zählt zu den eher körperlich schwächeren Charakteren und seine Entwicklung ist nicht allzu groß. Er ist eine solide Figur, die zwar wichtig ist, aber nicht allzu sehr heraussticht.

Vas gehört zu Ryzek’s Handlangern und hat eine schlimme Gabe. Er kann keinen Schmerz fühlen. Diese Gabe in Verbindung mit dem grausamen Herrscher, macht ihn zu einer noch grausameren Waffe. Man erfährt nicht allzu viel über ihn, aber ich glaube, das er einen weichen Kern hat, der nur leider durch seine Gabe nicht zum Vorschein kommt.

 

Meinung
Ich muss gestehen, dass ich meine Startschwierigkeiten hatte. Da ich überwiegend abends lese, war die enorme Faktenflut zu Beginn einfach zu viel. Aber sobald dieser erste Part gelesen war, wurde das Buch immer besser. Auf den ersten 50 Seiten wird das Potenzial dieser Geschichte deutlich. Veronica Roth erfindet komplett neue Planeten und entwickelt viele neue Begrifflichkeiten. Diese Begriffe sind Gewöhnungssache und bedürfen einer gewissen Konzentration. Einmal eingelesen, wachsen einem die neuen Wörter und Orte ans Herz. Mittlerweile benutze ich schon welche im meinem Alltag. (Bsp.: Der Begriff "Zeitlauf" anstelle von "Lebensjahr".) Die Autorin schreibt so detailliert, dass ich manchmal das Gefühl hatte, einen Film zu sehen.

Die Erzähler wechseln zwischen Akos und Cyra, welche die zwei Hauptcharaktere bilden. Da man beide bereits im jungen Alter kennenlernt, wächst man regelrecht mit den Charakteren mit. Die Rückblenden im Zusammenhang mit dem tollen Schreibstil baut die Beziehung zwischen Leser und Charaktere schnell auf. Akos und Cyra sind mir ans Herz gewachsen, mit jedem Zeitlauf ein bisschen mehr.

Während Cyra’s 16. Zeitlaufs trifft sie wieder auf Akos und die Geschichte nimmt so richtig an Fahrt auf. Seine Gabe stellt sich als Segen für Cyra raus und die zwei nähern sich schneller an, als es ihnen lieb ist. Wie nicht anders zu erwarten, entwickelt sich eine kleine Liebesgeschichte, die allerdings (und glücklicherweise) weder kitschig, noch übertrieben romantisch ist. Die Liebe entwickelt sich der Grundstory angemessen und nimmt nicht Überhand.

Ryzek finde ich unheimlich gut geschrieben. Seine Gabe ist furchtbar, ebenso die Anwendung seiner Gabe an Eijeh. Im ersten Buch wird dieser Teil noch nicht sehr viel ausgearbeitet. Man bekommt immer nur kleine Informationen zugeworfen. Ich hoffe und vermute, dass dieser Teil der Geschichte im zweiten Buch mehr Bedeutung bekommt und man endlich erfährt, wie die Auswirkungen sind und ob es einen Weg zurück gibt.

Zu Ende hin stehen noch viele Fragen im Raum, auf deren Beantwortung ich mich im zweiten Buch schon sehr freue.

 

Fazit
Ich bin sehr begeistert von Story, Charakteren, Orten und Schreibstil. Veronica Roth entwickelt mal wieder eine spannende Welt mit vielen neuen Begriffen, Charakteren die die Leser schnell mitreißen und fantastischen Orten. Ihr Schreibstil hat mir schon in „Die Bestimmung“ gefallen und auch jetzt hat sie wieder ihre unverkennbare Handschrift aufs Papier gebracht. Wer gerne spannende Bücher, mit einer großartigen Story und vielen Individuen liest und dabei keine Angst vor Verlusten geliebter Charaktere hat, der ist bei Veronica Roth und ihrem neuen Buch an der richtigen Stelle. Das Buch hat sehr viel Potenzial und es gibt unendlich viele Möglichkeiten, diese Geschichte spannend fortzuführen. Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung.