Rezension

Auf sich gestellt

22 Bahnen -

22 Bahnen
von Caroline Wahl

Bewertet mit 4 Sternen

Die Masterstudentin Tilda hat ein straffes Tagesprogramm. Sie studiert, arbeitet an der Kasse im Supermarkt und versorgt ihre kleine Schwester Ida. Die alkoholkranke Mutter ist außerstande sich um den Haushalt oder die Kinder zu kümmern. Die begabte Tilda sitzt also noch immer zu Hause, während ihre Freunde die Welt erobern. So oft es geht schwimmt sie ihre 22 Bahnen im Schwimmbad, um den Kopf frei zu bekommen. 
Als ihr Professor sie als Doktorantin nach Berlin empfehlen möchte, muss Tilda entscheiden, wie es für sie und auch für Ida weitergehen soll. Kann sie der 10jährigen Schwester in der verbleibenden Zeit Selbständigkeit und Selbstvertrauen vermitteln, damit sie im Alltag allein klar kommt und sich gegen die Mutter durchsetzen kann? Das Auftauchen eines Bekannten verunsichert sie weiter, denn sie war sehr mit seinem verstorbenen Bruder befreundet. Das Auftauchen ihrer Freundin Marlene verläuft auch nicht ohne Probleme. 
Tilda und Ida kommen erstaunlich gut mit ihrer schwierigen Lebenssituation zurecht und haben eine innige Beziehung. Es ist schön dies mitzuerleben. Auch Rückschläge und Probleme werden von Beiden gut angegangen und es findet eine Entwicklung statt. Der besondere Erzählstil unterstreicht dies und sorgt für Tempo. 

Mich hat gewundert, dass das Jugendamt zu keiner Zeit bei dieser Familie vorstellig wurde. Schon Tilda war im Grundschulalter völlig auf sich gestellt, wie aus Rückblicken deutlich wurde. Dass Tilda sich niemals Hilfe holte und es auch in ihrer aktuellen Situation gar nicht in Erwägung zieht, finde ich nicht ganz realistisch. Trotz der schwierigen Situationen sind beide Schwestern doch meist fröhlich und positiv gestimmt und so begabt, dass es schon wieder etwas unglaubwürdig wirkt. Abgesehen von diesen kleinen Kritikpunkten kann ich das Buch nur empfehlen, es liest sich wirklich gut und ich bin gespannt auf weiter Werke der Autorin.