Rezension

Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit

Liebten wir
von Nina Blazon

Bewertet mit 4 Sternen

Wer aufgrund des Buchtitels sowie der rosafarbenen Wolken und Wellenlinien auf dem Cover zu einem Liebesroman zu greifen glaubt, liegt nur zu einem kleinen Teil  richtig. Sicherlich, am Anfang der Geschichte geht es um Moira und ihren Freund Leon, in dem sie endlich den Richtigen gefunden zu haben glaubt und die ihn in ihrer unerschütterlichen Sehnsucht nach Familie nur zu gerne auf eine Familienfeier begleitet. Und auch im weiteren Verlauf der Geschichte spielen Liebesbeziehungen in verschiedenen Konstellationen eine Rolle. In ein konkretes Genre lässt sie sich aber nicht einordnen; es gibt sogar Passagen, die in einer Kriminalgeschichte zu finden sein könnten. Auf dem vorgenannten Familientreffen beginnt für Moira alles aus dem Ufer zu laufen. Statt voll in ihre Schwiegerfamilie integriert zu werden, muss sie mit der mürrischen, altersgebrechlichen Oma Aino in deren Heimatstadt Helsinki flüchten. Dort verarbeiten beide ihre Vergangenheit - Aino ihr Erleben des Zweiten Weltkrieges als junges Mädchen und Moira ihre traumatischen Erlebnisse mit der früh verstorbenen, sie prügelnden Mutter, dem desinteressierten, notorisch fremd gehenden Vater, der sie misshandelnden Pflegemutter und der sie hassenden Schwester. Bei der Gelegenheit sind sehr interessante Informationen über Land und Leute zu erhalten, die beide jedenfalls mir bislang eher fremd waren. Nunmehr weiß ich, dass der Tango in Finnland weit verbreitet ist, welche Rolle das Land im Zweiten Weltkrieg gespielt hat, kenne Einzelheiten der finnischen Mythologie und kann bis drei zählen (yksi, kaksi, kolme). Die Autorin hat wirklich gut recherchiert. Besonders gefallen hat mir, dass aus der Vergangenheit von Mo und Aino stets nur Bruchstücke preisgegeben werden und sich erst sehr spät alles zu einem schlüssigen Ganzen zusammenfügt.

Dieses übrigens erste Buch der Autorin für Erwachsene lohnt sich unbedingt zu lesen.