Rezension

Aufregender Trip durch Barcelona, leider dünne Charaktere

Mord in Barcelona - Isabella Esteban

Mord in Barcelona
von Isabella Esteban

Bewertet mit 4 Sternen

Am Friedhof des Montjuic wird eine Frauenleiche gefunden - ausgerechnet auch noch die einer Touristin. Für die Presse ein gefundenes Fressen. Kommissar Jaume nimmt die Ermittlungen in diesem Fall auf: War es ein Unfall? Ein Raubüberfall mit tötlichem Ausgang? Oder gar berechneter Mord? Der Sohn der Verstorbenen reist nach Barcelona und wirft bei Jaume viele Fragen auf. Hat er selbst etwas mit dem Tod seiner Mutter zu tun? Und Montse, Jaumes Schwester, beginnt auf eigene Faust zu ermitteln.

Dieser Krimi war für mich viel mehr als ein Krimi. Denn in erster Linie schickte er mich direkt nach Barcelona. Ich spürte die Hitze auf meiner Haut kribbeln, während Commissari Jaume der Schweiß von der Stirn tropfte als er den Tatort inspizierte. Ich roch das Meer bei jedem Spaziergang, der an ihm vorbei führte. Und ich spürte das Leben der kleinen Gassen nahe der Rambla während Jaume hindurchspazierte. Was für eine Reise! Mit jeder Zeile in diesem Buch konnte ich die Liebe der Autorin für diese Stadt spüren. Dabei blieb sie konsequent authentisch. Die meisten Schauplätze in diesem Krimi exisitieren genau so in Barcelona, sogar La pausa, das Café von Jaumes Mutter, hat seinen echten Ursprung mitten in Poble Nou. Das macht den Krimi zu einem Lesevergnügen aus zweierlei Sicht: Krimi zum Mitfiebern trifft auf authentischen Städtetrip.

Die Kriminalgeschichte selbst ist dabei jedoch (leider) keine außergewöhnliche. Natürlich wird alles noch viel verworrener als man denkt und die ersten Theorien zum Täter und zur Tat muss nicht nur Jaume, sondern auch der Leser selbst irgendwann über Bord werfen. Dennoch ist es kein Fall, der einem den Atem anhalten lässt; auch wenn es meist spannend war. 

Auch die Charaktere schienen mir an der ein oder anderen Stelle etwas dünn. Jaume blieb mir als Charakter leider viel zu blass, was etwas schade ist, für einen Protagonisten. Seine Schwester Montse ist fast schon das genaue Gegenteil, wesentlich aufgeweckter, wenn auch ein impulsiver und nicht immer reflektierter Charakter. In jedem Fall konnte sie als "Dedektiv auf eigene Faust" viel mehr zur Geschichte beitragen, als es die Figur Jaumes alleine geschafft hätte. Dennoch konnte ich leider auch sie nicht komplett in mein Herz schließen. Auf Gefühlsebene blieben die Charaktere leider durchweg dem Leser gegenüber sehr verschlossen. Es gibt natürlich noch eine Reihe weiterer Figuren, auf die ich hier jedoch nicht mehr im Detail eingehe. In der Regel bleiben die meisten davon jedoch sehr stereotyp, insbesondere Jaumes Frau Paloma, ein Traum einer Frau, einfach markelos perfekt - und unendlich langweilig. Aus den Charakteren hätte die Autorin noch viel mehr rausholen müssen. Dann hätte es hier vielleicht auch für 5 Sterne gereicht. Leider konnte ich nämlich mit keiner der Figuren sympathisieren. 

Dennoch ein Dankeschön für den schönen und aufregenden Trip durch Barcelona, den dieses Buch allemal liefert!