Rezension

Aufstände und ein brutaler Mord in einer Isolationsfabrik

Juni 53 - Frank Goldammer

Juni 53
von Frank Goldammer

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten." (Johann W. von Goethe)
Juni 1953:

Bei einem Protest in einer Firma für Isolationen wird der Leiter Martin Baumgart brutal mit Glaswolle erstickt. Außerdem fehlt von Gerd Kruppa einem weiteren Mitarbeiter jede Spur. Heller und Oldenbusch ermitteln und bekommen zudem den Genossen Bech von der Stasi zur Seite gestellt, der besonders ein Auge auf Max gerichtet hat. Ist Baumgart gar ein Opfer der Protestbewegung oder steckt ein anderer Täter dahinter? Und nicht nur beim Aufbau der DDR geht alles sehr mühsam und langsam voran, sondern ebenso im Haushalt der Familie Heller. Frau Marquarts Demenz verschlimmert sich zusehends, dadurch gerät nicht nur Karin an ihre Grenzen. Währenddessen spitzen sich die Unruhen im Land zu, immer öfters kommt es zu Auseinandersetzungen, weil die Menschen unzufrieden sind. Doch die SED Regierung greift hart durch und so bleibt vielen nur entweder die Flucht aus dem Land oder zu schweigen. Darum denken Karin und Max immer öfters über eine Flucht in den Westen zu Sohn Erwin nach.

Meine Meinung:
Das gelungene Cover gibt Einblick auf eine unruhige Zeit beim Aufbau der damaligen DDR. Der Schreibstil ist flüssig, informativ und unterhaltsam, jedoch diesmal empfand ich es bisschen verworren, was den Plot anbelangt. Vielleicht liegt es daran, da ich mir bis dahin wenig Gedanken zu der DDR Vergangenheit gemacht habe. Dafür machte es das Geschehen umso spannender, weil ich den Täter bis zum Schluss nicht erahnen konnte. Über den damaligen Volksaufstand von 1953, bei dem viele unzufriedene Bürger der DDR auf die Straßen gingen und es zu einer extremen Fluchtwelle kam, wusste ich bis dahin recht wenig. Die Ignoranz der damaligen DDR Führung gegenüber der Arbeiterklasse, die zusehends unter der extremen Erhöhung der Arbeitsnormen, Armut und Hunger leidet, wird immer extremer. Schuld sind sicher die hohen Ausgaben für Reparationsleistungen und dem Aufrüsten des Militärs. Die zusätzlichen Enteignungen von Höfen, Firmen, anderem Eigentum und die Erhöhung der Abgaben setzt dem Volk außerdem zu. Kein Wunder also das es innerhalb der Bevölkerung zu Protesten kommt. Dadurch kommen viele Bürger in Haft, wo man nicht gerade zimperlich mit ihnen umgeht. Die meisten müssen brutale Folter über sich ergehen lassen, bei denen einige sogar sterben. In diesem Krimi wird wieder ein bedeutender Teil der ehemaligen DDR Geschichte aufgezeigt, den man sicher nicht vergessen sollte. Dass der sonst so ehrgeizige und neutrale Heller zusehends darunter leidet, dass er nicht der Partei zugehört, spürt man hier immer stärker. Ich bin gespannt, wie lange er das noch aushalten kann, ohne das es verheerende Konsequenzen für ihn oder seine Familie geben wird. Im Ansatz spürte ich es auch hier schon, was kommen könnte. Zum Glück hält Kollege Oldenbusch weiter zu Max und sie bleiben bisher noch immer ein gutes Team. Genosse Bech hingegen passt so gar nicht in dieses Team, seine Art wie er mit Heller und den Menschen umgeht gefällt mir überhaupt nicht. Besonders, weil man bei ihm nie weiß, wo man dran ist und was er als Nächstes plant. Hier spürt man sofort die extreme Präsenz der Stasi, die anscheinend überall ihre Augen und Ohren hat. Dadurch wird die Diskrepanz zwischen Max und Klaus ebenfalls immer extremer. Klaus, der durch seine Partei eine regelrechte Gehirnwäsche erhalten hat, ist ständig davon überzeugt, dass sie das richtige tun. Durch seine unfreundliche, bestimmende Art entfremdet er sich immer weiter von seiner Familie. Auch die Demenz von Frau Marquart wird hier gut dargestellt und berührt mich sehr, besonders weil sie für mich ein Teil der Familie Heller ist. Für mich war es diesmal eine etwas verwirrende Geschichte, die mich nicht ganz so überzeugen konnte wie die Bände zuvor. Trotzdem bleibt Frank Goldammer weiter ein bemerkenswerter Autor, dem ich gerne 4 1/2 von 5 Sterne gebe.