Rezension

Auftakt einer Jugendbuch-Trilogie

Das Labyrinth erwacht - Rainer Wekwerth

Das Labyrinth erwacht
von Rainer Wekwerth

Stell dir vor: Du erwachst - in einer dir völlig unbekannten Umgebung, nackt, fast ohne Erinnerungen an dein bisheriges Leben. Du triffst sechs andere Menschen in der gleichen Lage. Bedrohliche Verfolger sind auf euren Spuren. Und es gibt einen Auftrag: Innerhalb von drei Tagen müsst ihr die Portale finden, den Ausgang aus dieser Welt. Nur: Ihr seid zu siebt und es gibt nur sechs Portale - einer wird sterben müssen. Und selbst für die sechs, die es schaffen, ist da noch kein erlösendes Ende in Sicht, denn es wird sechs Welten geben, und damit steht fest, dass nur einer weiterkommen wird.

Eine Ausgangssituation, die Spannung erweckt und viel Raum für phantastische Kreationen bietet. Dieses Buch ist der Auftakt einer Trilogie und hat schon Preise im Sektor Jugendbuch eingeheimst. Es weist einige Stärken auf: Eine offene Situation, actionreicher plot und unterschiedliche Protagonisten, unter denen die meisten jugendlichen Leser wohl eine Identifikationsfigur finden. Die Jugendlichen kämpfen gegen die Tücken der Umwelt, müssen feindlichen Verfolgern entkommen und gleichzeitig auch die Dynamik der Gruppe ausbalancieren. Das ist schwer, denn einerseits sind sie aufeinander angewiesen, um die Portale zu erreichen, andererseits misstrauen sie sich gegenseitig, denn einer muss ja das Opfer sein.

"Spannender geht´s nicht", äußert Ursula Poznanski - aber ich für meinen Teil finde den Auftakt "Die Verratenen" ihrer Jugendbuchtrilogie fesselnder. Die Welt, in der diese Jugendlichen sich befinden, wird sehr viel detaillierter gezeichnet als bei Wekwerth. In den ersten beiden Welten sind es eine heiße Steppenlandschaft und eine kalte Ruinenstadt; viel mehr erfahren wir nicht - bei einem so schnellen Wechsel bleibt ja auch keine Zeit, mehr auszumalen. Die spannende Frage, inwieweit die Menschen durch die Gesellschaft geprägt sind, kann sich hier nicht stellen. Bei Wekwerth bleibt nur die Frage nach der individuellen Prägung durch die persönlichen Erfahrungen. Die Jugendlichen haben jedoch ihre Erinnerungen verloren, und so blitzen nur Bruchstücke ihrer Vergangenheit auf. Das gibt Raum für Phantasie, aber nicht für wirkliches Nachempfinden. Auch die Schilderung der Gruppendynamik verliert in der zweiten Welt an Schwung, da sich mehrere Untergruppen bilden.

So bleibt ein spannendes Buch, dessen zweiten und dritten Teil ich gern noch lesen möchte; auf einem gleichen literarischen und psychologischen Niveau wie Poznanskis oder Collins Trilogie steht die Reihe von Wekwerth zumindest nach diesem Einstieg allerdings nicht.