Rezension

Auftakt einer Trilogie

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt -

Die Wintergarten-Frauen. Der Traum beginnt
von Charlotte Roth

Bewertet mit 4 Sternen

Die Bretter, die die Welt bedeuten...

„Die Wintergarten-Frauen – Der Traum beginnt“ von Charlotte Roth ist der Auftaktband einer Trilogie. Ich habe schon mehrere Bücher von Charlotte Roth gelesen (z.B. „Als wir unsterblich waren“, „Als der Himmel uns gehörte“) und sie haben mir alle sehr gut gefallen.

Die 19-jährige Nina von Veltheim lebt für das Theater – aber sie möchte nicht Schauspielerin werden, sondern Regie führen. Deshalb beschließt ihre Familie auf Anregung von Ninas Zwillingsbruder Carlo, dass Nina die provinzielle Uckermark verlassen und in das quirlige Berlin ziehen sollte, nur dort könne sich ihr Traum erfüllen.

Aber das ist 1921 ein ziemlich zweischneidiges Schwert: größter Reichtum und bitterste Armut liegen ganz dicht beieinander. Und für Nina besonders bitter: an den Schalthebeln der (Theater-) Macht agieren Männer, die kaum jemand in ihren illustren Kreis hineinlassen wollen, schon gar nicht eine Frau und noch weniger: eine junge Frau ohne Erfahrung!

Die Ersparnisse ihrer Familie sind schnell verbraucht, aber Nina steht immer wieder wie „Phoenix aus der Asche“ auf und erfindet sich selbst neu, obwohl sie wiederholt – nein, eigentlich ist es die Regel – mit hungrigem Magen schlafen gehen muss…

Unterstützt wird sie dabei von Jenny, einer ehemaligen Tänzerin des Bolschoi-Balletts, die in einer Gastwirtschaft als „Schlangenfrau“ auftritt, um sich, ihren Lebensgefährten und ihren Sohn das Überleben mehr schlecht als recht zu sichern. Sonia, eine begabte junge Zeichnerin gehört ebenfalls zum Trio, aber auch sie eine „Hungerkünstlerin“. Die drei jungen Frauen machen sich auf, den „Wintergarten“ zu erobern…aber der Weg ist lang, steinig und dornenreich. Auch Anton möchte Nina unterstützen, aber das lässt sie lange Zeit nicht zu, sie will ihren Weg aus eigener Kraft schaffen.

Ob ein Engagement im Wintergarten zustande kommt? Das wird hier nicht verraten…

Der Schreibstil ist locker, flüssig und flott, wie ich es von Charlotte Roth gewohnt bin, man ist schnell Teil der Geschichte und leidet bei den Misserfolgen mit. Die Abschnitte / Kapitel sind mit dem jeweiligen Namen überschrieben, aus deren Sicht gerade erzählt wird. Die Personen sind authentisch und nachvollziehbar beschrieben, auch de „Nebendarsteller“ lernt man gut kennen (meine absolute Lieblingsfigur ist Oma Hulda) und denkt fast, man sei mit ihnen befreundet.

Es gefiel mir sehr gut, dass die Autorin immer „nebenbei“ wahre politische Ereignisse in die Handlung einarbeitet, so kann man viel besser verstehen, welche Auswirkungen die „große“ Politik auf die „kleinen“ Menschen hat.

Trotz der rasanten Ereignisse im Großen und im Kleinen habe ich dieses Buch eher als „langsam“ empfunden. Sicherlich ist dies der Voraussetzung einer Trilogie geschuldet, da haben die Autoren die Muße, ihre Protagonisten ausführlich vorzustellen – an manchen Stellen hätte ich mir persönlich jedoch mehr Zügigkeit gewünscht. Gewiss, dies ist „Jammern auf hohem Niveau“, denn natürlich habe ich das Buch gern gelesen, es hat mir wunderbare Lesestunden bereitet und ich bin ganz neugierig, wie es mit den „Wintergarten-Frauen“ weitergeht!