Rezension

Auftakt mit Schwächen, der mich trotzdem überzeugen konnte

Ich fürchte mich nicht
von Tahereh Mafi

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt von Ich fürchte mich nicht:
Seit 264 Tagen ist Juliette bereits eingesperrt. 264 Tage lang hat sie mit niemanden geredet. Und niemanden mehr berührt. Als dann urplötzlich Adam zu ihr in die Zelle geworfen wird, macht das alles noch schwieriger. Denn Juliettes Berührung kann tödlich sein, dabei täte sie nichts lieber, als Adam nahe zu sein.

Meinung zu Ich fürchte mich nicht:
Der aufregende Auftakt einer Liebesgeschichte mit Dystopie-Elementen, so muss man es sagen, denn von der Umwelt und Umgebung erfährt man tatsächlich nur recht wenig, Hauptaugenmerk liegt auf den Charakteren. Mich persönlich hat das nur wenig gestört, ich war aufgrund vorheriger Rezensionen allerdings auch schon darauf vorbereitet.

Das auffälligste ist erst mal Tahereh Mafis eigenwilliger Stil. Um das Chaos in Juliettes Kopf zu verdeutlichen streicht sie immer wieder Sätze und Gedanken durch wie: “Ich bin verflucht. Ich habe eine Gabe.” Ein Stilmittel, das ich sehr ausdrucksstark fand und mir wahnsinnig gut gefallen hat. Auch ihre Sprache hat eine ganz eigene Note, sie ist kraftvoll und schwer von Metaphern. Ich bin sicher, dass manche mit dieser Art Schwierigkeiten haben, ich jedoch fand es herrlich, wie bildhaft Juliettes Emotionen auf sie einprasselten, sie in Stücke rissen, ihre Knochen brachen. Leider jedoch setzt die Autorin zu viel davon ein.Es ist wie bei einem Song: Wenn von Anfang an mit voller Kraft gesungen wird, mag das zwar gut klingen, aber nur in Verbindung mit leisen Tönen wird das Lied perfekt werden. Dieses Verhältnis war leider zu unausgewogen. Tahereh Mafi hat zu viel aufs Tablett gehauen, wo sie ab und zu mit ruhigerer Stimme mehr erreicht hätte.

Jedem, der sich unsicher ist, ob ihm der Stil gefällt, sollte erst einmal die Leseprobe lesen, dabei erhält man einen recht guten Vorgeschmack auf den Rest.

Juliette fand ich sehr gut ausgearbeitet, wenn auch für meinen Geschmack zu gutmütig und passiv. Sie wurde ihr Leben lang von allen gemieden und sogar beschimpft, weil sie mit der Gabe geboren wurde, durch bloße Berührung ihrer Hände zu töten. Nicht einmal ihre Eltern waren bereit ihr Trost und Liebe zu geben. Verständlicherweise also ist sie scheu und zurückhaltend, dass sie aber gar so ein Gutmensch ist, ist sowohl unrealistisch als auch langweilig.

Adam war mir ebenfalls ein bisschen zu nett, aber mir persönlich sind ja sowieso immer die Charaktere mit Ecken und Kanten lieber. Adam war mir hier eindeutig ein wenig zu glatt, auch wenn er ein durchaus sympathischer und mutiger Bursche ist. Warner hingegen ist hier um einiges interessanter, ich hätte es spannend gefunden, noch ein wenig mehr von Juliettes unheimlichen Verehrer zu erfahren.

Was die Spannung betrifft, dauert es ein wenig bis die Geschichte in Fahrt kommt, aber da das Hauptaugenmerk auf der Beziehung zwischen Juliette, Warner und Adam liegt, ist sowieso von vornherein klar, dass man nicht mit allzu viel Action rechnen sollte.

Ich wünschte wirklich, ich könnte volle Punktzahl geben, denn diese Geschichte konnte mich zum Großteil sehr überzeugen. Sie war ein wenig anders – nicht weil die Story sonderlich originell ist, sondern durch Tahereh Mafis einzigartigem Stil, den ich als tolle Abwechslung und herrlich dramatisch empfand. Leider jedoch fielen mir hier die Kritikpunkte doch so sehr auf, dass ich sie nicht übergehen kann, weswegen ich 4 Grinsekatzen vergebe – jedoch trotzdem eine eindeutige Empfehlung ausspreche!