Rezension

Auftauchen mit Huhn, Hund und Helmut

Marianengraben - Jasmin Schreiber

Marianengraben
von Jasmin Schreiber

Bewertet mit 5 Sternen

Der Unfalltod ihres kleines Bruders hat Paula aus der Bahn geworfen. Sie steckt schon lange in einer tiefen Depression, als sie sich endlich entschließt, das Grab von Tim zu besuchen, mitten in der Nacht. Aber sie ist nicht allein. Helmut, über achtzig und ziemlich kauzig, ist ebenfalls zwischen den Gräbern unterwegs. Ehe Paula sich versieht, ist sie gemeinsam mit Helmut und seinem Hund in einem klapprigen Wohnmobil Richtung Süden unterwegs.

Das Buch von Jasmin Schreiber hat mich sehr gut unterhalten, wie schon so viele vor mir. Wahrscheinlich bin ich eine der letzten, die es noch nicht gelesen hatte. Ich wurde nicht enttäuscht. Die Themen Tod, Trauer und Verlust werden ehrlich, warmherzig und verständnisvoll behandelt. Die Geschichte von Paula und Helmut und ihren Verlusten ist tieftraurig und oft einfach urkomisch. Schreiber ist eine großartige Beobachterin, die den kleinsten Tieren Aufmerksamkeit schenkt und dadurch das Leben feiert. Die Beschreibung der Wanze ist großartig. Es gibt viel Elemente, die mir gut gefallen haben:  Der lockere Schreibstil, den man so schön lesen kann, die witzigen Dialoge, die treffenden Wahrheiten und die Figuren. Die Autorin beschränkt sich auf wenig Personal und bleibt ganz dicht bei Paula und Helmut und den Menschen, die sie verlorenen haben. Es verbreitet sich eine positive Wirkung, wenn mithilfe von Lutz und Judy der Rückweg ins Leben gelingt. Wunderbar ist die Idee des Auftauchens aus dem Marianengraben der Depression, in dem sich jedes Kapitel durch die Überschrift weiter an die Oberfläche arbeitet.

Dass die Autorin Biologin und Sterbebegleiterin ist, macht den Kern des Buches so ehrlich und glaubwürdig - nicht die Story an sich, denn da wäre schon bei der Trittleiter an der Friedhofsmauer Schluss gewesen, und das wiederum wäre sehr schade gewesen. Ich kann "Marianengraben" uneingeschränkt empfehlen für die wenigen, die das Buch noch nicht gelesen haben.