Rezension

Aufwühlende Familiengeschichte

Judas
von Astrid Holleeder

Willem Holleeder  -  diesen Namen kennt man in den Niederlanden gut. Der Schwerkriminelle, zeitweilig gar „König der Unterwelt“ Amsterdams, ist seit seiner Inhaftierung wegen der Entführung des Industriellen Alfred Heineken hier eine Berühmtheit.  Nun sagt seine jüngere Schwester Astrid als Belastungszeugin gegen ihn aus; sie beschuldigt ihn mehrerer Morde und Mordaufträge, unter anderem an seinem Schwager und Entführungs-Komplizen Cor van Hout. In ihrem Buch „Judas“ erzählt sie, wie sie und ihre Schwester Sonja dafür über einen langen Zeitraum Beweise in Form von Tonbandaufnahmen gesammelt haben, die sie mit gut verstecktem Mikrofon machten. Möglich war ihnen dies nur, weil Holleeder Astrid vertraute und mit ihr zahlreiche Probleme besprach. Sehr anschaulich beschreibt die Autorin, unter welchen Umständen sie und ihre älteren Geschwister Willem und Sonja in dem Amsterdamer Arbeiterviertel Jordaan aufwuchsen, wie die Verbindung zwischen ihnen funktionierte und welchen Lebensweg jeder einschlug. Sie macht deutlich, wie es dazu kam, dass Willem seine Familie für seine Taten instrumentalisieren konnte.

Doch obwohl ihr Bruder sich im Hochsicherheitsgefängnis befindet, weiß Astrid, dass sie seine Rache für ihren Verrat fürchten muss. Aus dem Zuchthaus heraus gelingt es ihm, Mordaufträge gegen seine Schwestern Sonja und Astrid zu erteilen. Um den Bedrohungen  möglichst zu entgehen, musste sie ihr normales (Berufs-)Leben aufgeben und wohnt nun an wechselnden Orten, versteckt und stets in Abwehrbereitschaft. Sie kennt ihren Bruder genau und wendet sich in ihrem Nachwort an ihn: „Der einzige Grund, dass du noch lebst, ist, dass du uns das Leben nehmen willst.“