Rezension

Aus dem Leben einer besonderen Patientin Freuds

Ida - Katharina Adler

Ida
von Katharina Adler

Bewertet mit 4 Sternen

Die Autorin verarbeitet in diesem Roman ihre eigene Familiengeschichte, nämlich die  ihrer Urgroßmutter und ihres Urgroßonkels. Sie ist die berühmte Patientin Ida Adler-Bauer des Psychoanalytikers Sigmund Freud und er der bekannte österreichische Sozialdemokrat Otto Bauer.

Der für mich interessanteste Teil der Geschichte sind Idas Sitzungen bei Freud. Zu ihm wird sie von ihrem Vater im Jahr 1900 wegen diverser körperlicher Zipperlein zur Behandlung geschickt. Freud behandelt sie mit einer neuen Methode – sechsmal pro Woche lässt er sie auf der Couch von sich erzählen, bis Ida die Behandlung schließlich nach drei Monaten eigenmächtig abbricht. Hier gibt es schöne verbale Schlagabtausche zwischen Freud und Ida. Er interpretiert in ihre Beschwerden einen sexuellen Hintergrund, dem sie sich partout widersetzt und dem sie mit dem ihr eigenen Selbstbewusstsein entgegenhält. Überhaupt ist Ida eine starke Frau ihrer Zeit.

Sehr viel breiteren Raum nehmen dann aber doch die Schilderungen aus Idas weiterem Leben ein – ihre Jugend als Tochter eines wohlhabenden, fremd gehenden jüdischen Textilfabrikanten, ihre Ehe mit einem erfolglosen Komponisten, ihre Flucht aus Wien in die USA vor den Nationalsozialisten. Leider geht die Autorin dabei nicht chronologisch vor, sondern springt in der Zeit, was das Lesen etwas erschwert. Die schließlich auch immer wieder thematisierte aufkeimende österreichische Sozialdemokratie ist mir als aus Deutschland stammender Leserin schwer verständlich, weil mir die namentlich benannten vielen Funktionsträger nicht geläufig sind. Insofern hat mich gerade der Mittelteil des Buchs nicht fesseln können.

Amüsiert hat mich  der antiquiert wirkende Sprachstil, der der Epoche des ausgehenden 19. Und des beginnenden 20. Jahrhunderts angepasst ist.

 

Ein lesenswerter, gut recherchierter historischer Roman.