Rezension

Aus Liebe zur Kunst

Die Frauen von Skagen - Stina Lund

Die Frauen von Skagen
von Stina Lund

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine empfehlenswerte Lektüre, nicht nur für Kunstbegeisterte

Dänemark am Ende des 19. Jahrhunderts: Die junge Marie Triepke, Tochter aus wohlhabendem Haus, hat einen Traum. Sie will Malerin werden. Zwar fördern ihre Eltern ihr künstlerisches Talent, doch erwarten sie von ihrem Kind auch, dass es heiratet. Als Marie auf Peder Severin Krøyer, genannt Sören, trifft, scheinen sich beide Wünsche zu erfüllen. Sie nimmt den berühmten Maler zum Mann und hofft auf eine erfolgreiche gemeinsame Schaffensphase, die das Paar im dänischen Skagen am Meer, begleitet von Maries langjähriger Gesellschafterin Asta Hansen, verbringen will. Doch dort werden Maries Erwartungen nicht erfüllt. Viele Jahre später, 2018, wandelt Vibeke Weber, Mitte 20, aus Frankfurt auf den Spuren der Krøyers – auf der Suche nach ihrem eigenen Weg im Leben und ebenfalls angetrieben von der Liebe zur Malerei…

„Die Frauen von Skagen“ ist ein Roman von Stina Lund.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 38 eher kurzen Kapiteln. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Vibeke und aus der von Asta. Dementsprechend gibt es zwei Stränge, die immer wieder Parallelen aufweisen: Einer spielt zwischen 1883 und 1940, vorwiegend in Dänemark, aber auch an anderen Orten in Europa, der andere zwischen 2010 und 2019 zum Teil in Skagen und zum Teil in Frankfurt. Einheitliche Orts- und Zeitangaben zu Beginn der Kapitel erleichtern die Orientierung. Der Aufbau ist gut durchdacht.

Der Schreibstil ist anschaulich, einfühlsam und lebhaft – dank viel wörtlicher Rede und gelungenen Beschreibungen. Vor allem die Darstellung von Skagen weckt Fernweh. Auch für Kunstlaien ist der Roman gut verständlich. Schon nach wenigen Seiten hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Leider bin ich immer wieder über (Tipp-)Fehler gestolpert.

Gut gefallen hat mir, dass die Charaktere authentisch und klischeefrei wirken. Im Vordergrund stehen drei Frauen. Sowohl Marie als auch Asta und Vibeke werden als Personen mit Ecken und Kanten beschrieben, die zwar nicht frei von Fehlern sind, dessen Entwicklung ich jedoch gerne verfolgt habe. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Auch die übrigen Figuren wirken realitätsnah.

Mit den Malern von Skagen greift die Autorin ein Thema auf, das literarisch noch nicht oft verarbeitet wurde. Da ich die impressionistische Kunst sehr mag und Skagen von schönen Fotos kenne, war meine Neugier schnell geweckt. Ich fand es sehr interessant, mehr über Marie Krøyer und die dänische Künstlerkolonie zu erfahren, von der ich bis dato noch nichts gehört hatte. Die fundierte Recherche der Autorin wird nicht erst im Nachwort deutlich, sondern zeigt sich an vielen Stellen im Roman. Die Verbindung von Fakten und Fiktion ist ihr gut gelungen.

Auf mehr als 300 Seiten ist der Roman kurzweilig, unterhaltsam, bisweilen auch überraschend und tiefgründig. Die Handlung ist schlüssig und bietet dennoch Raum für eigene Interpretationen und Schlussfolgerungen, was ich sehr begrüße. Das Ende des Vibeke-Erzählstranges konnte mich leider jedoch nicht ganz überzeugen.

Das hübsche Cover, das das Ölgemälde „Am Strand von Skagen“ von Michael Ancher zeigt, passt in mehrfacher Hinsicht hervorragend zum Roman. Der Titel dagegen ist austauschbar und hebt sich leider nicht positiv vom derzeit inflationären Gebrauch von Wörtern wie „Tochter“ und „Frauen“  in der aktuellen Literatur ab.

Mein Fazit:
„Die Frauen von Skagen“ von Stina Lund ist ein unterhaltsamer und interessanter Roman, der schöne Lesestunden bereitet. Eine empfehlenswerte Lektüre, nicht nur für Kunstbegeisterte.