Rezension

Ausdauer und Kraft.

So gehn wir denn hinab -

So gehn wir denn hinab
von Jesmyn Ward

Bewertet mit 4 Sternen

Jesmyn Wards "So gehn wir denn hinab" ist die Geschichte einer versklavten jungen Frau auf ihrer qualvollen Reise von den Carolinas über Felder, durch Sümpfe und Flüsse nach New Orleans, gepackt in dreihundert Seiten eines eindringlichen historischen Romans voller Schmerz und Mystik.

Annis ist die Tochter einer Sklavin, die von ihrem "Sire" vergewaltigt wurde. Ihre Kindheit ist hart. Als sie dann noch von ihrer Mutter getrennt und von ihrem Vater verkauft wird, beginnt ihr eigener nicht enden wollender Kampf um die Bewahrung ihrer Menschlichkeit. Dabei flieht sie auch nach innen. Erinnerungen an die Mutter und Geschichten ihrer kriegerischen Großmutter spenden Trost und geben Kraft, die Meilen ihres Lebensweges zu gehen. Diese innere Selbstbeobachtung durchbricht Barrieren und bahnt einen spirituellen Pfad.

Dieses Buch macht es unmöglich, selbst in den hässlichsten und leidvollsten Momenten wegzuschauen. Kopfüber stürzt die Leserin / der Leser in die Übel der Sklaverei, Missbrauch, Ungerechtigkeit, aber ebenso die Bedeutung der Erinnerungen. Roh, schön und alles dazwischen, Ward schreckt vor nichts zurück. Der Roman wird nicht nur gelesen, er wird gespürt. Die Welt durch die Augen der jungen Sklavin gesehen. Jeder Schmerz Annis' emittiert Poesie. Dies lindert und lässt mehr Einfühlungsvermögen entwickeln, sensibilisiert und ermutigt Überreste dieser Gräueltaten zu bekämpfen.

Hilfreich ist, Dante Aligheris "Die göttliche Komödie" gelesen zu haben. "Jetzt lasst uns hinabsteigen", sagte Vergil zu Dante, "in die blinde Welt unten.“ Jesmyn Wards Geschichte spiegelt den Abstieg in die Hölle, den seine Charaktere erleben, wider. Es ist die innere Reise der jungen Arese in eindrucksvollen literarischen Bildern und erbarmungslosem Schreibstil, die das Lesen lohnenswert macht. Ihr Heranreifen vom Leiden unter der Waffe der Hand ihrer Mutter bis hin zur Entwicklung ihres eigenen Einfallsreichtums und ihrer Stärke. "Ich bin die Waffe." Eine Realität, die so düster ist, als würde ihr in die Hölle begleitet werden. "Durch mich gehst du in die trauernde Stadt", spuckt Annis ihrer Erscheinung entgegen und zitiert Dante. "Durch mich gehst du zu ewigem Schmerz." Allerdings bietet Ward im Gegensatz zu Dantes Meisterwerk auch eine Wegleitung zum Herauskriechen.

Es ist eine Geschichte nicht nur über Trauer und Ungerechtigkeit, auch Schönheit und Entschlossenheit.