Rezension

Ausflug in die Anfänge Amerikas, schön, ohne jeden Kitsch

Die englische Freundin - Tracy Chevalier

Die englische Freundin
von Tracy Chevalier

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn man dieses hübsche Buch sieht und den Klappentext liest denkt man: Aha, nette Auswanderergeschichte, Liebe im jungen Amerika, das ist nicht neu, aber nett. Und natürlich bietet dieses Buch genau das, aber gleichzeitig noch unerwartet viel mehr.

1850: Die Engländerin, Honor, ist Quäkerin, sehr begabte Quiltnäherin und begleitet ihre Schwester, die nach Amerika auswandert, um zu heiraten. 
In Amerika kommt sie zunächst bei einer Putzmacherin unter, deren Bruder Sklavenjäger ist...
An dieser Stelle denkt man: Alles klar - amerikanischer Traum - Putzmacherkarriere - attraktiver Sklavenjäger wird bekehrt - , ...und stellt dann mit Erstaunen fest, dass man im Irrtum war.

Honor entdeckt eine neue Welt, die sich sehr von allem was sie gewohnt ist unterscheidet. Erst fällt es ihr schwer, sich ein zu leben. Man lernt das junge Amerika aus Sicht einer Engländerin kennen und kann ihre Gefühle sehr gut nachvollziehen.
Sie trifft auf Sklaven, die in den Norden fliehen wollen und hat ganz selbstverständlich das Bedürfnis zu helfen. Allerdings wird genau das gesetzlich verboten. Honor steht vor der Frage, ob sie Passivität an dieser Stelle mit ihrem Gewissen vereinbaren kann. Auch ihr Selbstverständnis als Quäkerin spielt hier eine Rolle.
Neben diesem historischen Szenario erfährt man noch viel über Quilts, deren Herstellung und Vielfältigkeit, was ich sehr interessant fand.
Auch eine Liebesgeschichte wird hier erzählt. Die kommt, wie eigentlich das ganze Buch, schnörkellos direkt und ohne jeden Kitsch daher und rührt trotzdem. 

Am Ende stellt man fest, dieses Buch überrascht auf ganzer Linie. Bis zum Schluss bleibt offen, wohin die Reise geht. Es ist schlicht und schön. Ich habe das Gefühl, einen Ausflug in die Anfänge Amerikas gemacht zu haben.