Rezension

Ausführliche Familiengeschichte

Eine Familie in Deutschland - Peter Prange

Eine Familie in Deutschland
von Peter Prange

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses ist der zweite Teil der Familiengeschichte um die Familie Ising, beide erschienen unter dem Obertitel "Eine Familie in Deutschland". Leider hatte ich den ersten Teil noch nicht gelesen, aber ich kam auch so ganz gut klar. Dieser Band spielt in den Jahren 1939 bis 1945, der Epilog 1955.

Die Familie Ising lebt im kleinen Ort Fallersleben und musste wegen des Baus einer großen Fabrik für das "KdF-Auto", den späteren VW-Käfer, ihre Zuckerfabrik aufgeben. In der Stadt des Kdf-Autos, dem späteren Wolfsburg, will die Nazidiktatur mit Hilfe von Zwangsarbeitern eine groß angelegte Produktionsstätte bauen und Familie Ising ist mittendrin. Während der Vater Hermann als Ortsgruppenleiter für Ordnung im Ort sorgt, macht sein Sohn Horst in der NSDAP Karriere, er und seine Frau sind stramme Nazis. Edda, die Älteste, lebt eine Zeitlang mit Leni Riefenstahl zusammen, der bekannten Filmregisseurin. Der Sohn Georg hat nur Autos im Kopf, muss aber wegen eines Vergehens an die Front nach Russland, bei Stalingrad wird er vermisst. Charly ist Ärztin, hat sich auf den Druck der Familie hin von ihrem jüdischen Mann scheiden lassen, sucht aber imme rnoch den Kontakt zu ihm. Der Nachzügler Willy ist behindert und wird auf Druck von Horst in eine Heilstätte eingeliefert, wo er unter mysteriösen Umständen stirbt. Seine Mutter Dorothee kann seinen Tod nicht verwinden. Eine weitere Hauptrolle spielt Gilla Bernstein, eine Jüdin, die immer zu überleben versucht, koste es, was es wolle. Sie ähnelt der Figur der "Stella" aus dem umstrittenen Roman von Takis Würger.

In kurzen Kapiteln wird das Leben in der Nazidiktatur aus der Sicht der einzelnen Personen geschildert. Dahinter steckt eine große Menge an Recherchearbeit, denn nicht nur die fiktiven Personen spielen eine wichtige Rolle, auch Personen der Zeitgeschichte wie Porsche oder Göring kommen vor.

Das Buch liest sich süffig weg, Pranges Stil ist eingängig und es wird auf den 800 Seiten niemals langweilig. Er ist ein Meister des "retardierenden Moments", denn immer, wenn es spannend wird, bricht ein Kapitel ab und man wechselt zu einer anderen Person. 

Auf mich wirkte die Familie Ising allerdings sehr konstruiert, alle Probleme werden in dieser Familie geballt dargestellt. Manchmal ist mir das einfach zu viel. Auch erscheinen mir die Personen manchmal zu flach, Prange geht auf Kosten der Lesbarkeit nicht in die Tiefe.

Insgesamt aber ein gut geschriebener Familienroman, der stellenweise eher an Simmel erinnert.