Rezension

ausgeprägte Charaktere, Buch mit Hang zum Okkultismus, schwächer als die letzten Thriller des Autors

Der Wanderer - Luca D'Andrea

Der Wanderer
von Luca D'Andrea

Bewertet mit 3.5 Sternen

Meine heutige Buchvorstellung: Luca D'Andrea „Der Wanderer“

Stell Dir vor, eine Familie namens Perkmann baut sich in einer idyllischen Gegend in Südtirol etwas Schönes auf. Stell Dir vor, Wirtschaftskrisen zwingen die Menschen im Ort bei eben dieser Familie um Hilfe zu bitten, um sich einer nach dem anderen in eine Art Abhängigkeit zu begeben, die diese gar nicht so sehr spüren. Spüren wollen. Diese Familie geht auch noch einen weiteren Packt ein mit einem Menschen, der Arzt ist, der somit Vertrauen erweckend erscheint. Der Arzt, dessen Sohn und die berühmte Familie wohnen gemeinsam in einem Haus, das mit der Macht, die aus ihr erwächst, in die Breite und Höhe geht.
Stell Dir vor, dass diese Familie alles tut, um den Ort und seine Umgebung davor zu bewahren, dass es eine Touristenfalle wird. Kein Hotel, keine geführten Wanderungen, nichts von all dem kommt im Laufe der Jahrzehnte zustande. Durch Aufkäufe der Ländereien und Wälder wird ebenfalls verhindert, dass fremde Institutionen ihre Nase in Angelegenheiten stecken, die sie nichts angehen. Und so grassieren auch Krankheiten, die sonst nirgendwo mehr vorkommen. Das erscheint allerdings selbst mir ein wenig unrealistisch. Alles zur Abschreckung, damit dieses idyllische Fleckchen Erde in Ruhe gelassen wird. Samt seinem Torf, dem ungastlichen See, der nicht vorhandenen Kirche und den Geranien vor allen Fenstern.
Wirklich allen Fenstern? Nein! Das einzige Haus, dem zumindest diese Sitte fremd zu sein scheint, gehört Sibylle. Eine wilde, leidenschaftliche junge Frau, die bei ihrer Tante aufgewachsen ist. Ihr wird ein Foto zugespielt auf dem ihre Mutter abgebildet ist. Und nicht nur sie. Und das entsetzt sie fürchterlich. Bringt ihre Wut und ihre Befürchtungen hervor. Denn die "narrische Erika", wie ihre Mutter genannt wurde, ist nicht aus freien Stücken in den Tod gegangen, sondern wurde eindeutig ermordet. Um das zu beweisen und die oder den Täter zu bestrafen, geht sie auf einen Rachefeldzug. Das betrifft zunächst den berühmten Autor von Liebesromanen, Tony. Er ist ebenfalls auf dem Foto abgebildet.
Tony und Sibylle gehen, nachdem sie sich ausgetauscht haben, nun akribisch an die Arbeit, um den letzten Tag, den Abend, als Erika verschwand, zu rekapitulieren. Warum ist sie nicht bei ihren Freunden aufgetaucht, mit der sie auf den Maturaball gehen wollte? Darunter war Karin, Tochter der berühmten Familie aus dem Dorf, die wohl über jeden Mitbürger ein Dossier angelegt hat. Ebenfalls mit ihr verabredet war eine weitere junge Frau, die, wohl nicht als einzige, Jahre später tot aufgefunden wurde. Ein Unfall? Der einzige männliche Freund, der damals mit von der Partie sein sollte, sitzt im Gefängnis, drogensüchtig und völlig wirr. Der sich ein Zeichen auf die Brust tätowiert hat. Es ist das Lachen des Kolibris. Das Zeichen, nach der die narrische Erika immer ihre Tarotkarten ausgelegt hat.

Karins Zwillingsbruder ist seit diesem Abend, als Erika verschwand, nicht mehr gesehen worden. Er ist seit einem Brandunfall ein Monster. So wird er jedenfalls bezeichnet.
Der Autor Luca D'Andrea lässt seine Protagonisten Sibylle und Tony zappelnd zwischen den abhängigen Bewohnern dieses kleinen Ortes namens Kreuzwirt irren. Keiner sagt wirklich etwas, im Gegenteil. Sie werden bedroht, verprügelt und verspottet. Da hilft auch der Prominentenstatus von Tony nichts. Aber sie lassen nicht locker. In vielen kleinen und kleinsten Abschnitten mit witzigen Cliffhangern kommen sie den Geheimnissen der Perkmanns auf die Spur.

Heimlicher positiver Star im Buch ist ein Bernhardiner namens Freddy. Der negative Star ist ein Buch, das mit seinem abstrusen Inhalt so manchen Kopf verwirrt und zu bösen Taten hinreißen lässt.
Ein guter Thriller, bei dem man dabei bleibt, auch wenn das Okkulte auf so mancher Seite für meinen Geschmack zu heftig erscheint. Aber wahrscheinlich ist das sogar noch untertrieben.

Der Titel hingegen lässt auf eine völlig andere Geschichte schließen, vor allem, weil der Einband auf Schneebedeckte Berge die Leserschaft blicken lässt.

Ein kleiner Einblick über den Autor gibt es unter https://de.wikipedia.org/wiki/Luca_D%E2%80%99Andrea