Rezension

Außergewöhnlich: Charme, Stimmung, Charaktere – das passt!

A Fairy Tale - Die Suche nach dem blauen Herz - Anja Stephan

A Fairy Tale - Die Suche nach dem blauen Herz
von Anja Stephan

Bewertet mit 4.5 Sternen

INHALT:

Als der Halbelf Scott McKenzie nach vielen Jahrzenten innerhalb kürzester Zeit mehrmals auf Fräulein Gwendolyn von Cleve, einer Hochelfin und Feindin aus Jugendtagen, trifft wird ihm klar, dass das Schicksal seine Ränke um ihn schmiedet! Aus ist es mit Scotts ruhigem Leben als angesehener Antiquar im schönen winterlichen Paris, denn die eigensinnige Künstlerin zieht in mitten in ein Abenteuer, dass sein Leben verändern könnte. Gemeinsam mit Freunden und Familie machen sie sich an die Entschlüsselung eines alten Bildes, auf die Suche nach dem blauen Herz und dem eigenen Glück. Dabei geht es nicht nur tief in die Unterwelt von Paris, sondern auch in die Vergangenheit ihrer beiden verfeindeten Familien…

 

EIGENE MEINUNG:

Das Cover und der Klappentext dieses Buches hatten mich schon lange angelockt, als ich die Chance bekam es innerhalb einer Leserunde kennen zu lernen.

Die Buchvorderseite zeigt sowohl Sott im oberen Teil, als auch Gwen darunter, doch von beiden jeweils nur einen Abschnitt ihrer Körper unterhalb ihrer Gesichter. Gerade weil diese dabei nicht zu sehen sind überlässt es genug der eigenen Fantasie! Das Bild wirkt modern und hat doch einen altmodischen Touch, was einfach perfekt zum Inhalt passt. Zwischen den Beiden befindet sich in einem verschnörkelten, goldenen Kasten der Titel.

Gleich zu Beginn muss ich zwei Dinge anmerken: 1. Bei diesem Buch finde ich es sehr wichtig, der Geschichte am Anfang Zeit zu geben. Es wird einem nicht alles auf dem Silbertablett präsentiert, sondern es dauert etwas bis man erkennt wohin die Geschichte einen führt! 2. Durch das Cover hatte ich zuerst eine etwas andere Geschichte erwartet habe als ich schließlich bekam. Ich habe an eine (eher seichte) Liebesgeschichte mit Erotik und einem Touch Abenteuer in unserer Zeit spekuliert. Bekommen habe ich die (sicher nicht seichte) Liebesgeschichte und auch das Abenteuer, aber in unvorhergesehenem Gewand:

Anders als in vielen anderen modernen Büchern lässt die Autorin der Liebesgeschichte Zeit und sie basiert vor allem auf dem Aufbau einer Freundschaft und Vertrauen. Es gibt diverse erotische Anspielungen, explizierte Szenen werden jedoch absolut außen vor gehalten.

 

Schon bei den Elfen um die es hier geht hat die Autorin mehr Tiefgang geschaffen als von mir angenommen. Ihre Leben dauern wesentlich länger als die der Menschen und es gibt ein ausgeprägtes Klassensystem. Über die Jahrhunderte haben sie versch. Ereignisse (z. B. Kriege) miterlebt und wurden durch sie geprägt. Gwens und Scotts gemeinsame Vergangenheit fand ca. 1890 statt, währen die Geschichte komplett in unserer Zeit spielt. Dies war mir durch fehlende Jahresangaben zu Beginn des Buches nicht ganz klar, aber ich bin froh, dass ihre Vorgeschichte nur durch Rückblenden/Erinnerungen aufgegriffen wird.

 

Am Anfang des Buches hatte ich auch größere Probleme mit den Perspektivwechseln zwischen den Beiden. Diese finden einfach zwischen den Zeilen statt und teils konnte ich nicht zuordnen wer nun denkt bzw. spricht. Dies hat sich jedoch schnell gegeben und dann hat mir dieser Stil sehr gut gefallen, weil die Gefühle beiderseits immer präsent waren.

 

Die Autorin hat mit ihren Haupt- und Nebencharakteren tolle und interessante Personen geschaffen. Diese haben Ecken und Kanten und müssen sich, im wahrsten Sinne des Wortes, teils zusammen raufen. Bei anderen muss man erst hinter die Fassaden blicken und ist manchmal mehr als überrascht, was man dort findet. Gerade bei Gwen und Scott ist ganz klar eine Entwicklung zu sehen und durch die Zeit die die Autorin den beiden lässt fühlt sich alles sehr realistisch an! In meiner Vorstellung waren die beiden äußerlich um die 30 Jahre alt, allerdings kommen die vielen Erfahrungen und Erlebnisse über die Jahrzehnte ihres bisherigen Lebens immer wieder gut ins Spiel und konnten so ihre Veränderungen aufzeigen. Auch äußerlich unterscheiden sie sich von den vielen Figuren in aktuellen Büchern: Klar, sie sind beide für den anderen hübsch anzusehen, aber Gwen kämpft z. B. schwer gegen ihre Liebe zu Fastfood und eine zu runde Figur, während Scott ein Hörgerät trägt. Alles in allem war für mich toll beschrieben, wie Charaktere sein müssen, die über eine solche Zeitspanne leben. Hier trifft die moderne Welt auf altmodische Verhaltensregeln, die fantastische Welt im Untergrund auf das gegenwärtige Paris usw. usw.

 

Das Buch mit seinen fast 700 Seiten hat keine extrem aneinander gereihten Actionszenen oder Cliffhanger an den Kapitelenden, aber ich wollte dennoch immer weiter lesen und mehr erfahren! Die Geschichte wird über mehrere Monate hinweg erzählt und konnte trotzdem dauerhaft mein Interesse erhalten, hielt konstant eine Spannungskurve und mein Lesetempo. Da gibt es Dinge zu enträtseln, Menschen kennen zu lernen, Geheimnisse zu erfahren, humorvoll das Zusammenleben der Beiden mit zu verfolgen etc.

 

Besonders geliebt habe ich die vielen Zitate und Anspielungen auf Autoren, Bücher, Künstler etc. Diese sind wunderbar mit eingeflochten, aber auch mit Fußnoten genauer erklärt! Von Shakespeare über Christoph Marzis „Lycidas“ und vieles mehr…

 

Das Ende hat mir gut gefallen, auch wenn es ruhig etwas ausführlicher hätte sein dürfen. Für mich gibt es auch noch einige lose Enden oder offenen Fragen, allerdings bin ich auch nicht sicher ob dieses Buch irgendwann zu einer Reihe gehören wird. Dazu konnte ich nichts Genaueres herausfinden, habe jedoch Anspielungen darauf gelesen.

 

FAZIT:

Ein außergewöhnlicher Roman über die Liebe und die Suche nach dem Glück – im wahrsten Sinne des Wortes! Ein Buch ohne riesige Action- oder Gefühlszenen, ganz ohne Erotik, aber mit vielen Geheimnissen, Charme, einem Hauch Übernatürlichem, Pariser Flair, Rätseln, Überraschungen und viel Leben. Dieses Buch hebt sich klar von anderen Romanen dieses Genres ab!