Rezension

Außergewöhnlich, fesselnd, mystisch

Rot wie das Meer
von Maggie Stiefvater

Jedes Jahr am 01. November findet auf der Insel Thisby das große Skorpio-Rennen statt. Wenige Wochen vorher betreten die Capaill Uisce das Land. Diese mystischen Wasserpferde sind nicht nur viel größer als normale Pferde, sondern auch weitaus gefährlicher. Nur die mutigsten Männer wagen es, auf ihnen zu reiten und am Rennen teilzunehmen. Doch bereits auf dem Weg dahin, verlieren viele von ihnen beim Training das Leben.

Umso verwunderter sind die Teilnehmer, als sie feststellen, dass mit der jungen Kate Connolly, die allen nur als Puck bekannt ist, zum ersten Mal eine Frau antreten will. Puck lebt mit ihren beiden Brüdern auf der Insel und hat letztes Jahr beide Elternteile durch einen Angriff der Wasserpferde verloren. Gemeinsam halten sie sich mehr schlecht als recht über Wasser. Als sie erfährt, dass ihr ältester Bruder Gabe sie und und ihren jüngeren Bruder Finn verlassen und ans Festland gehen will, hat sie sich in ihrer Verzweiflung für das Rennen angemeldet.

Dabei lernt sie Sean Kendrick kennen, einen jungen Mann, der bereits als Kind eine besondere Beziehung zu den Capaill Uisce hat und das, obwohl sie für den Tod seines Vaters verantwortlich sind. Aufgewachsen ist er in kargen Verhältnissen und in den Diensten des reichsten Mannes der Insel, für den er auch seit vielen Jahren regelmäßig an den Rennen teilnimmt und gewinnt. Niemand sonst auf der Insel ist so versiert im Umgang mit den blutrünstigen Wasserpferden wie Sean und diese Fähigkeit hat ihm bei den meisten Inselbewohnern sehr viel Achtung eingebracht - sehr zum Leidwesen seines ewigen Konkurrenten Mutt, dem ungehobelten Sohn seines Arbeitgebers. Im Laufe des gefährlichen Trainings lernen Puck und Sean sich näher kennen und die Tatsache, dass für beide der Sieg in diesem Rennen von unschätzbarer Wichtigkeit ist, ist der ständige Begleiter ihrer aufkeimenden Freundschaft. Wer wird das Rennen gewinnen? Und gibt es eine Chance, dass aus Sean und Puck mehr wird als nur Freunde?

"Rot wie das Meer" hat ein wunderschön aufbereitetes Cover, dass mit seinen blutrot abgebildeten Wellen nicht nur den Titel, sondern auch den Romaninhalt unterstützt. Es ist genau wie die Geschichte einzigartig und schreit geradezu danach, dass ich es in die Hand nehmen soll.

Maggie Stiefvater hat einen einmaligen und unverkennbaren Schreibstil. Ruhig und flüssig leitet sie mich damit durch ihre Geschichte und baut dabei langsam und kostant Spannung auf. Schon bald war ich nicht mehr in der Lage, das Buch zur Seite zu legen. Die Charaktere Puck und Sean, aus deren Sicht der Roman abwechselnd geschrieben ist, sind so detailliert beschrieben, dass ich gemeinsam mit ihnen diese kurze Zeit verbracht habe. Beide sind vom Typ her etwas schwierig, da sie vom Leben nicht verwöhnt worden sind und versucht haben, sich den oftmals kargen Bedingungen anzupassen. Dabei wirken sie jedoch stets authentisch. Von der Insel Thisby erzählt die Autorin so bildhaft, dass ich fast überzeugt bin, ich war da. Ich sehe den Strand vor mir, das rauhe Klima, das Haus der Connollys und auch den kleinen Ort. Ich bin mit dabei, wenn das Fest beginnt und stehe Puck bei im Kampf gegen Vorurteile und Boshaftigkeit.

Besonders faszinierend fand ich die Beschreibung der Capaill Uisce, die gleichzeitig wunderschön und bedrohlich wirkten. Trotz der Gefahr, die von ihnen ausgeht, ziehen sie die Menschen in ihren Bann. Es finden sich jedes Jahr immer wieder genug Männer, die wagemutig sind und am Rennen teilnehmen. Ihren drohenden Tod scheinen sie gekonnt zu verdrängen und sitzen sie erst im Sattel ihres Wasserpferdes droht die von ihnen ausgehende Magie, die Männer ins Verderben zu führen. Denn das Meer ruft ständig nach diesen unbeschreiblichen Wesen und gerät ihr Reiter erst einmal in ihren mystischen Bann, ist er nicht mehr in der Lage, sein Tier zu lenken, sondern rennt in sein Unglück.

Mit dem im script5 Verlag erschienenen Roman "Rot wie das Meer" hat Maggie Stiefvater eine außergewöhnliche Idee in dem ihr eigenen Stil umgesetzt, dem ich mich einfach nicht entziehen konnte. Ich fühlte mich gefesselt von dem Geschehen und seinen bildhaften Beschreibungen, immer mit dabei in Seans und Pucks Kampf um Alles oder Nichts. Der Autorin gelingt es immer wieder, mich in ihren Bann zu ziehen und ich bin schon sehr gespannt, welches Projekt sie als nächstes in Angriff nimmt.