Rezension

Ausuferndes Insel-Setting

Die Insel - Steen Langstrup

Die Insel
von Steen Langstrup

Bewertet mit 2 Sternen

Noa liegt am Strand einer paradiesischen Insel. Seine Freundin Selina ist direkt neben ihm. Und sie stirbt.

"Die Insel" läuft unter dem Label Horror-Roman, der meiner Meinung nach nicht hält, was das Genre an sich verspricht. 

Noa ist am Strand dieser Insel wie aus dem Urlaubsprospekt: Der feine Sand, die Palmen, das Rauschen des Meers, unter der Oberfläche das bunte Korallenriff - es könnte paradiesischer nicht sein. Wenn seine Freundin Selina neben ihm nicht im Sterben läge, und das norwegische Paar nicht allein auf dieser Insel wäre.

Steen Langstrup schnappt sich ein atemberaubendes Setting, bei dem die Lust auf den Urlaub kommt. Der Strand, die Korallen, die salzige Prise vom Meer, der Geruch nach Sonnenmilch und tropische Temperaturen laden zum Träumen ein. Doch rasch wandelt er das traumhafte Ambiente in einen horrormäßigen Albtraum um: Das norwegische Paar wird allein auf der Insel zurückgelassen, während Selina eindeutig im Sterben liegt!

Nach Selinas Tod - kein Spoiler, weil Selina auf der ersten Seite stirbt - wird Noa von den hiesigen Behörden in Verwahrung genommen. Die Mär von der Korallenvergiftung kauft ihm keiner ab. Sie wissen nicht, wie er zur Insel gekommen ist. Und eine Mitarbeiterin vom norwegischen Konsulat setzt alle Hebel in Bewegung, um ihm die Todesstrafe zu ersparen.

Der Horror-Charakter der Story findet sich auf zwei Ebenen. Zuerst liegt es am realistischen Hergang, der wohl jedem Urlauber Angst einjagt: Ein Unglück geschieht und man findet sich im Gefängnis in einem Land, wo es die Todesstrafe gibt. Zudem baut Langstrup am Ende einen weiteren genreüblichen Horror-Effekt ein, der mich leider nicht mehr überzeugen konnte.

Die Geschichte um die Insel selbst nimmt den größten Raum in der Handlung ein. Langstrup verliert sich in detaillierte Beschreibungen des Strands, des Korallenriffs und beim Lesen hatte ich das Gefühl, mir wird jedes Sandkorn persönlich vorgestellt. 

Außerdem werden zentrale Szenen ständig wiederholt. Wer dieses Buch nicht gelesen hat, kann sich kaum vorstellen, wie oft man Selina beim Sterben zusieht beziehungsweise wie häufig Noa ihre Leiche beschreibt. Schauderhaft! Die Handlung kommt dadurch nicht voran.

Gut gefallen haben mir die Gesprächssituationen mit der Mitarbeiterin vom Konsulat. Damit kam etwas Schwung ins Geschehen, das Interesse wird geweckt und man möchte schon wissen, wie es weitergeht.

Nachdem ich den Strand dieser Insel in seinen Facetten bewundern durfte und ich gespannt auf den abschließenden Verlauf der Story war, wurde mir der Schluss vor die Füße geworfen. Und das war's. Ich hatte das Gefühl als ob ich mit einer Schaufel niedergeschlagen werde, als ich beim Wörtchen 'Ende' angekommen bin.

Das Buch besteht nicht nur aus Noas Verzweiflung und Selinas Tod, sondern es sind weitere Kurzgeschichten des Autors angefügt. Diese Geschichten sind alle gleich aufgebaut: Eine langgezogene Handlung, die nur mäßig die Spannung hält, und ein plumpes Ende, das eher irritiert statt fasziniert. 

Steen Langstrup wird oftmals mit Stephen King verglichen. Diesem Vergleich hält er meiner Meinung nach nicht Stand. Während King durch seinen detaillierten Stil in die Tiefe geht, bleibt Langstrup mit ausufernden Beschreibungen an der Oberfläche hängen - was an Langeweile kaum zu überbieten ist.

Ich finde es schade, dass ich das Buch nicht besser bewerten kann, weil ich es so gerne mögen wollte, und die Idee an sich richtig gut finde.

Alles in allem kann ich diesmal keine Empfehlung aussprechen, außer an Leser, die sich Langstrups Insel unbedingt genauer ansehen wollen.