Rezension

Authentisch

Die Zeit des Wartens - Elizabeth Jane Howard

Die Zeit des Wartens
von Elizabeth Jane Howard

Bewertet mit 4 Sternen

Im zweiten Teil der Cazalet-Chroniken befindet sich die Großfamilie mitten im Krieg. Edward und Rupert wurden eingezogen, die Frauen, Kinder und Älteren haben sich nach und nach auf das Land zurückgezogen, Home Place und die dazugehörigen Anbauten beherbergen nun eine Kinderherberge und einige Evakuierte.

Der leichte, sommerliche Ton des Vorgängerbandes gehört größtenteils der Vergangenheit an. Der Krieg ist allgegenwärtig, ebenso die damit verbundenen Kompromisse, Entbehrungen und Sorgen - sowohl privater als auch allgemeiner Art. Trotzdem hat dieser Teil durchaus seine vergnüglichen Momente, insbesondere, wenn die kleineren Kinder zu Wort kommen. Am meisten aber erfährt man in diesem Teil von den Heranwachsenden: Louises, Pollys und Clarys Stimmen erzählen einen Großteil der Handlung auf sehr unterschiedliche Weise. Das Buch ist, anders als der Vorgänger, in mehrere Abschnitte unterteilt, die teilweise komplett nur aus einer einzigen Sicht erzählt werden (z.B. "Clary, Mai und Juni 1940"). Die Stimmungen dieser Kapitel sind sehr wechselhaft. Der Titel des Buches macht auch einen Großteil der Handlung aus: Warten. Besonders Polly und Clary, die auf Home Place "festsitzen", fühlen sich untätig und gelangweilt, ebenso wie viele andere Frauen. Etwas lebhafter geht es bei Louise zu: sie springt in diesem Buch von einem Abenteuer ins nächste, doch ständig schwingt ein seltsamer, unangenehmer Ton mit, denn viele Erfahrungen sind neu für Louise und nicht immer von positiver Natur. Sie schließt eine neue Freundschaft, sie widmet sich ihrer Schauspielschule, sie lernt einen Mann kennen. Besonders die Schauspiel-Episode und die Situation im Ensemble und am Theater scheint sehr realistisch (die Autorin war ja selbst Schauspielerin). Bei allem merkt man, wie unerfahren und ungelenk Louise ist und wie verkrampft sie sich bemüht, dazu zu gehören. Als Leser habe ich mich manchmal unangenehm berührt gefühlt. 

Aber bei allem Warten und aller Untätigkeit passieren doch auch viele abwechslungsreiche, traurige, schockierende, spannende Dinge: ein Familienmitglied scheint ernsthaft erkrankt zu sein, jemand wird als im Krieg vermisst gemeldet, es gibt den ein oder anderen Todesfall, unerwünschte und erwünschte Kinder werden geboren oder zumindest gezeugt... Von allem ist etwas dabei, und wie der erste Teil ist dieser sehr interessant, wenn auch an vielen Stellen etwas langweilig.