Rezension

Authentische Fortsetzung, die hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt!

Spinster Girls 02 - Was ist schon typisch Mädchen? - Holly Bourne

Spinster Girls 02 - Was ist schon typisch Mädchen?
von Holly Bourne

Holly Bourne ist Autorin der großen „Spinster Girls“-Trilogie, die im dtv-Verlag erschienen ist. Jeder Band wird aus der Perspektive eines der drei Mitglieder des ursprünglichen „Spinster Clubs“ erzählt – einer Gruppe, die sich über alltägliche Probleme eines weiblichen Menschen austauschen. Zentral steht im zweiten Band „Was ist schon typisch Mädchen?“ Protagonistin Lottie, die aufgrund eines sexistischen Vorfalls ein Experiment startet, das bald schon viel größere Ausmaßen annimmt als zunächst gedacht. Ob dieser Teil mit dem hervorragenden Auftakt der Reihe mithalten kann und welche weiteren Leseeindrücke ich aus der Lektüre gewinnen konnte, erfährst du in der folgenden Rezension.

 

Die Autorin schafft einen unmittelbaren Einstieg in das Geschehen, sodass man sich als Leser schnell wieder in dem Szenario zurechtfindet. Der Perspektivwechsel von Band zu Band stellt sich zügig als kluge Idee heraus, da der Fortgang der Handlung nun durch ein neues Augenpaar beobachtet werden kann und der Roman somit einen eigenen Charakter verliehen bekommt, der ihn von seinem Vorgänger deutlich abgrenzt.

 

Der Schreibstil von Bourne ist lebendig und mitreißend. Sie erzählt die Geschichte so gewitzt, dass es teilweise so wirkt, als würde sie dir gerade von der besten Freundin erzählt werden. Die einzigartige Chemie zwischen den drei Mädchen des „Spinster Clubs“ stimmt auch in diesem Band und es bereitet echte Freude, sie während ihres Alltags zu begleiten.

 

Dass sich eine Jugendbuchreihe auf so herrlich unkomplizierte und unverkrampfte Art und Weise mit einer wichtigen Thematik wie Sexismus umgehen kann, das beweist dieser Band erneut. Mir hat das Buch echt die Augen geöffnet, wie genderunterschiedlich man sich teilweise in der Gesellschaft äußert. Doch hat „Was ist schon typisch Mädchen?“ mit einigen Schwächen zu kämpfen, durch die er im direkten Vergleich zum Vorgänger ermattet.

 

Lottie eignet sich nämlich nur bedingt als Protagonistin für den vorliegenden Roman. Auf Dauer entpuppt sie sich als sehr anstrengende Person, bei der es schwer fällt, sie über vierhundert Seiten lang zu begleiten; sie steht sich im Laufe des Buchs häufig selbst im Weg. Zwar selbstreflektiert sie gegen Ende hin, so fühlt sich der Großteil aber stark angestrengt und repetitiv an, da ständig auf dieselben Elemente Bezug genommen wird.

 

Ebenfalls hat der Roman selbst mit einigen sexistischen Problemen zu kämpfen: Der männliche Teil der Bevölkerung wird generalisierend mit negativen Attributen verknüpft, ja geradezu heruntergestuft. Was an sich schon problematisch ist, da die Autorin ja zur Gendergleichheit und nicht zu einer Überdominanz der Frau aufrufen möchte – dieses Gleichgewicht sehe ich hier nicht gegeben. Lässt man jegliche feministische Aspekte zur Seite, unterscheidet sich die Lektüre nicht stark von anderen Vertretern ihres Genres und deren belanglosen Plots: Die Protagonistin verliebt sich zunächst gegen ihren Willen in einen erst stumpfsinnigen scheinenden Jungen, der sich offen als antifeministisch ausgibt und der ihr allein wegen seines Äußeren gefällt. Das ist doch ein Widerspruch in sich selbst, oder etwa nicht?

 

Auch erscheint mir der enorm große Erfolg, mit der ihr öffentliches Experiment gekrönt ist, etwas unrealistisch und weit hergeholt. Natürlich kann die Autorin hier ein inspirierendes Fazit für ihre Leser ziehen und somit ihre Botschaft verdeutlichen; die Glaubwürdigkeit des Romans leidet jedoch ein Stück weit darunter.

 

Der Konflikt, dem sich die Hauptfigur zunehmend ausgesetzt ist, mildert zumindest teilweise die Tragweite meiner genannten Kritikpunkte. Lottie befindet sich in einer Phase der Selbstorientierung: Ist ihr sexistisches Experiment oder doch ihre akademische Zukunft wichtiger; sollte man die eigenen Ziele mit aller Gewalt erreichen, wenn sich die gesamte Umgebung gegen dich zu stellen scheint? Dass sie sich zumindest ihrer eigenen Fehler bewusst wird und sie selbstreflektiert betrachten kann, ist ein Zeichen von großer charakterlicher Stärke, den man ihr nicht aberkennen kann.

 

Letztendlich fällt mein Fazit für den zweiten Band der Reihe deutlich ernüchterter als noch bei seinem Vorgänger aus; für diejenigen, die „Was ist schon normal?“ und Lottie, Evie und Amber mit ihrem „Käsefetisch“ mochten, sei aber diese Fortsetzung definitiv empfohlen. Ich denke, dem abschließenden Band der Reihe werde ich noch eine Chance geben.

 

„Was ist schon typisch Mädchen?“ ist eine authentische Fortsetzung, die sich jedoch teilweise selbst im Weg steht und hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.