Rezension

Authentische Nachhilfe

Der ist ja nicht doof, nur irgendwie hochbegabt - Tanja Janz

Der ist ja nicht doof, nur irgendwie hochbegabt
von Tanja Janz

"Der ist ja nicht doof, nur irgendwie hochbegabt" ist das erste Buch der Autorin Tanja Janz und ich hoffe, das möglichst viele Leser in den Genuss des Buches kommen. Es ist als Sachbuch gekennzeichnet, einer Genre in der ich mich normalerweise nicht zuhause fühle.  Mir sprang aber der Titel förmlich ins Auge und da ich zur Zeit Schulbegleitung mache, bin ich mit manchem was die Autorin zum Besten gibt wirklich vertraut. Über L. könnte ich auch ein ganzes Buch schreiben ☺Die nette Eule vorne auf dem Cover begegnet uns auch im Buch und peppt dieses noch einmal gewaltig auf.
Tanja Janz nimmt uns mit in die Nachhilfestunden mit vielen unterschiedlich geprägten Mädchen und Jungen. Über manche schlagen wir die Hände über den Kopf zusammen. Manche könnten wir einfach nur bemitleiden. Manche würde ich spontan sofort adoptieren und manchmal oder überwiegend sind es die Eltern oder auch Lehrer, die das Leben eines Nachhilfelehrers schreiben. Es ist sehr interessant so vielen unterschiedlichen Menschen zu begegnen. Wie wir alle haben sie ihre Ecken und Kanten. Gerade das ist es was das Buch so authentisch macht. Wer also meint, er würde ein Sachbuch lesen ist wirklich schief gewickelt. Es ist ein Lebensbericht und dieser präsentiert sich in all seinen Facetten. Wir könnten uns kringeln vor Lachen, wir können uns aufregen über Schüler, Lehrer oder Eltern und manches mal hätte ich am liebsten geweint, denn ich glaube das es einem sehr hilflos macht, wenn einem die Hände gebunden sind und man nicht eingreifen kann in das Geschehen. Nachhilfelehrer/innen sind so wie es im Klappentext beschrieben wurde nicht nur da um dem Schüler / der Schülerin etwas in Mathe, Deutsch und anderen Fächern beizubringen, sondern sind mitunter auch Seelsorger, Mediziner, Ersthelfer und oftmals auch Elternersatz. Ich könnte hier noch viele Berufsfelder mehr einfügen, denn das was Tanja janz hier geleistet hat fand ich schon bewundernswert. Man merkt ihre Liebe zum Beruf in jedem Wort und jedem Detail. Auch merkt man sofort, das die Geschichten nicht ausgedacht sein können, denn dazu wirken sie viel zu authentisch und gelebt.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung für ein Sachbuch, welches keines ist, dafür ist es einfach zu gigantisch gut. Ich flog durch die Seiten und war am Ende fast enttäuscht das es schon beendet ist. Ich hätte gerne mehr über Ernst - Oliver (ich hoffe tatsächlich der Name des armen Jungen ist nur erfunden worden) erfahren, denn dieser begegnet uns immer wieder im Buch und lässt uns schadenfroh grinsen, erstarren vor Schock oder eben mit ganz viel Mitleid einen Jungen begleiten, der zwar alles im Leben hat und dem doch alles zu fehlen scheint und das sind Eltern die ihm zuhören oder auch Nachts aus der Disco abholen würden, denn dann müsste nicht seine Nachilfelehrerin raus um zu retten was zu retten ist.
Als Eltern wird man sich an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch wiederfinden und gegebenenfalls sogar Fremdschämen. Die Müttermafia von Kerstin Gier hat gezeigt, das es tatsächlich Eltern gibt, die zwar das Beste für ihr Kind wollen, dadurch das die Freizeitplanung des Kindes komplett ausgefüllt ist, aber irgendwann kaum noch Freizeit und Freundschaftspflege möglich ist. Ist es wirklich gesund für unsere Kinder kaum noch Luft zum Atmen zu haben? Ist es nicht so, das auf den Schulen schon viel mehr verlangt wurde als früher. Sind unsere Kinder nicht schon ausgelastet genug? Bei der Müttermafia war es Fiktion mit einem kleinen Fünkchen Wahrheit, hier ist es eine Tatsache. Ich meine, meine Kinder sind sowieso die Besten auch wenn die eine "nur" reitet und der andere sich aktiv im Teeniekreis engagiert. Minimaus ist den ganzen Tag in der Betreuung. Irgendwelche Hobbys sind zeittechnisch nicht zu wuppen und es reicht mir, wenn sie sich 1 - 2 x die Woche mit ihren kleinen Freundinnen zum Spielen verabreden kann. Warum lassen wir unsere Kinder nicht einfach Kinder sein?
Ich könnte so vieles anschneiden und verzichte jetzt einfach mal darauf und hoffe lediglich, das sich noch mehr Leser der Grundwahrheit unseres Schulsystems und unserer Erziehung als Eltern stellen wollen. Ich bin weder gerne Terror - Mutti, noch die Mutti deren Kinder nur an zweiter Stelle kommen, noch die Mutter, die ihr Kind von einem Termin zum Nächsten schleift. Ich wäre gerne die Allerbeste Mutti, die von ihren Kindern bedingunsglos geliebt wird und zwar weil ich weder dumm, noch hochbegabt, sondern irgendwas dazwischen bin ☺