Rezension

Authentisches Island-Feeling, kulinarisch herausfordernd und ein absolut herzerwärmender Roman

Kalmann - Joachim B. Schmidt

Kalmann
von Joachim B. Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Kalmann ist in den Dreißigern, lebt in einem kleinem Dorf auf Island, in Raufarhöfn (spricht man Reuwarhöbb) und ist von Beruf Haifischfänger.
Böse Zungen würden ihn vielleicht als Dorftrottel bezeichnen, Kalmann hat eine geistige Behinderung, die nicht weiter konkretisiert wird und seinen Platz in der Dorfgemeinschaft. Er liefert den zweitbesten Gammelhai, den das Dorf kennt, den Besten hat sein Großvater produziert, dieser war für Kalmann eine wichtige Bezugspern, lebt aber inzwischen im Pflegeheim.

Das Buch ist auf jeden Fall in die Shortlist meiner persönlichen Lesehighlights 2020 aufgenommen. Kalmann ist ein Original, er wird manchmal mit der isländische Version von Forrest Gump verglichen, m. E. passt das aber nicht wirklich.
Kalmann hat mehr Ecken und Kanten, ich habe ihn nicht sofort in mein Herz geschlossen. Er kann mit Frustration nicht gut umgehen und wird aggressiv, andererseits ist er so herrlich ehrlich und der Autor schafft es, dass man sich wirklich in ihn hineinversetzten kann. Seine Sehnsüchte, sein Wunsch nach einer Frau und nach Geborgenheit. Hach ja. Auch sein einsames Leben mit nur einem Freund, der noch dazu nur Online verfügbar ist, sehr authentisch geschildert, ich konnte richtig in die Geschichte eintauchen.

Das Buch ist kein Krimi, auch wenn es Krimielemente beinhaltet.
Es eignet sich auch hervorragend zu einer Diätunterstützung, denn die Zubereitung des Gammelhais wird ausführlich beschrieben und ich kam bei diesem Buch nie in Versuchung, mich beim Lesen nebenbei mit Süßkram vollzustopfen. Empfindliche Gemüter und Tierschützer seien gewarnt, das Jagen und vor allem Erlegen eines Hais und die dann folgende Beschreibung zur Verwandlung in einen Gammelhai wird ausführlich beschrieben, ich fand das ja sehr spannend.

Wer unverfälschtes Island-Feeling fernab von romantischen Wasserfällen , Geysiren und touristischen Gletschertouren mag, sowie einen Held, der dem Buch sein eigenes Tempo aufdrückt und keinen Krimi sucht, aber trotzdem etwas Spannung und ganz viel Herz ohne Kitsch mag, dem empfehle ich das Buch uneingeschränkt. Ich lese ein Buch nur sehr selten zweimal, dieses hier aber auf jeden Fall.
Oder wie Kalmann sagen würde: Kein Grund zur Sorge, korrektomundo!