Rezension

Autist auf Freiersfüßen

Das Rosie-Projekt - Graeme Simsion

Das Rosie-Projekt
von Graeme Simsion

Bewertet mit 4.5 Sternen

Don Tillman ist 39 Jahre alt, arbeitet als Assistenz-Professor für Genetik an der Universität und sieht attraktiv aus. Auf den ersten Blick ein Erfolgsmensch - wären da nicht auch Probleme: Don kann sich kaum in andere Menschen einfühlen, zwischenmenschliche Beziehungen sind ihm ein Rätsel; in seinen Augen ist er einfach anders konfiguriert. Auch Don hätte gern eine Partnerin und möchte heiraten, aber seine Dates missglücken alle. Und so kommt er auf die Idee, das Ganze wissenschaftlich aufzuziehen und mit einem 16-seitigen Fragebogen geeignete Kandidatinnen zu finden. Die zukünftige Ehefrau soll intelligent sein, pünktlich, nicht rauchen und noch viele weitere Punkte erfüllen.

Bei dieser Suche trifft er auf Rosie. Die ist leider alles andere als eine ideale Ehefrau, doch das hat sie auch gar nicht im Sinn: Sie bittet Don um Hilfe bei der Suche nach ihrem unbekannten Vater. Don erklärt sich hierzu bereit und hat dadurch viele Erlebnisse, die seinen sonst so strukturierten Alltag durcheinander wirbeln. Er kann sich gar nicht erklären, wieso er trotzdem Rosie weiterhin helfen möchte...

Don zeigt die Symptome des Asperger-Autismus, doch obwohl er ein rationaler Wissenschaftler ist, kann er das selbst nicht erkennen. Das Buch ist aus seiner Perspektive geschrieben und vermittelt so einen Eindruck von der Lebenswelt eines hochintelligenten Autisten. Das Zusammenprallen der unterschiedlichen Ansichten hat oft sehr komische Seiten, und oft habe ich darüber geschmunzelt, wie die "normalen" Menschen in Dons Augen so irrational handeln. Don, der einem im wirklichen Leben vermutlich als merkwürdiger Kauz erscheinen würde, vielleicht sogar als unsensible Nervensäge, wirkt hier im Buch sehr sympathisch. Und so kann dieses Buch dazu beitragen, mehr Verständnis für merkwürdige Außenseiter zu wecken. Allerdings ist die Veränderung, die er durchläuft, wohl doch etwas überzogen, wenn man seine Diagnose bedenkt. Trotz dieser Übertreibung und trotz des vorhersehbaren Endes: Ich fand das Buch erfrischend, angenehm zu lesen und sehr berührend.