Rezension

Beängstigend und so gut vorstellbar

Verdorbenes Blut - Geoffrey Girard

Verdorbenes Blut
von Geoffrey Girard

Bewertet mit 3 Sternen

Das amerikanische Verteidigungsministerium finanziert das Forschungslabor DSTI (= Dynamic Solutions Technology Institute), das eigentlich Pharmazeutika herstellen soll. Doch in Wirklichkeit werden hier die sechs größten und brutalsten Massenmörder der Menschheitsgeschichte geklont. Dr. Jacobson will das Böse erforschen. Er will das dazugehörige Gen finden (und/oder beweisen, dass das Böse nicht in den Erbanlagen liegt, sondern durch die Umwelt erlernt wird.) Sechs Kinder wurden im Labor herangezogen und übelsten Experimenten ausgesetzt. Sie erhielten eingebaute Chips unter der Haut. Die anderen Klone- und es sind seeeeeehr viele- wurden in Familien adoptiert, die für das DSTI arbeiten oder vom Verteidigungsministerium bezahlt werden, damit sie die Kinder quälen dürfen.

Nun sind die sechs Kinder aus dem Labor mit Dr. Jacobson ausgebrochen. Letzterer glaubt, er habe selbst böse Gene eines Killers in sich, was sein eigenes Handeln entschuldigen würde. Hinzukommt, dass diese überaus gewalttätigen Kinder, Biowaffen dabei haben, die das Verteidigungsministerium ebenfalls illegal getestet hat, in der Zivlisation. Unterwegs vergewaltigen, zerstückeln und morden die Chip-Klone. Sie haben die Aufgabe, die anderen Klone aus ihren Familien zu befreien. - Alle sind total durchgeknallt und das Experiment geht nur in die negative (bzw. positive Killer-Klon) Richtung. 

Der posttraumatisch belastete Veteran Castillo erhält von seinem (Ex-) Arbeitsgeber den Auftrag, die Kinder zu eliminieren und die Welt vor schlimmeren Übel zu bewahren. In Tagebuchaufzeichnungen von Jacobson findet er heraus, dass dieser selbst einen Klon von Jeffrey Dahmer - dem gefährlichsten Serienkiller überhaupt- liebevoll aufzog. Diesen Jeff sucht er auf und zusammen mit ihm macht er sich auf die Spur nach den anderen Klonen.

Die Geschichte ist so bestürzend, gruselig und könnte so real ein. Es gibt immer wieder so wunderbar zynische Zitate, die ich mir leider nicht aufgeschrieben habe. - Alles begann mit einer Erbsenzüchtung!- Die Kinder: Wir sind ein Arzneimittellager!- Frauen werden nicht geklont, sie tragen das Killer (Kain-) Gen nicht in sich, sie haben dafür ein Gen, das dafür sorgt, dass sie auf Serienkiller stehen- ... Schrecklich. --- Und das amerikanische Militär versucht alles, um den kompletten Fall zu vertuschen. Dafür benötigt es doch wieder andere Killer-Klone, die im Kampf im Fernen Osten erprobt worden sind. Eiskalte Killer ohne jegliche Erinnerung. Notfalls können 30-jährige Killer nun auch innerhalb weniger Monate herangezüchtet werden. Falls irgendjemand etwas mitbekommt, gibt es auch hier Mitell um Erinnerungen auszulöschen. Egal bei wem.

Leider  versteht man am Anfang des Buches wenig, wenn es um Genetik und das Klonen an sich geht. Viele Fremdwörter tauchen auf, die nicht erklärt werden. Im Buch wird es dann selbst so dargestellt, dass der Protagonist auch nichts davon versteht. Dass einem die Personen nicht sympathisch werden und man sich nicht in sie hineinfühlen kann, ist selbsterklärend. Sympathisch wird einem nur Jeff (Jacobson), er scheint der Beweis dafür zu sein, dass Gene und Erziehung nicht einen Killer ausmachen. Mit ihm kann man Mitleid empfinden. Da es von jedem der 6 Serienkiller mindestens 60 Klone gibt, weiß man auch gar nicht, wie viele Klone nun gesucht werden oder frei gekommen sind.  Einfach nur fürchterlich, was alles an Gewalttaten passiert und wie Gewalt Gegengewalt produziert. So oft wird einem als Leser aufgezwungen über Ethik und Moral nachzudenken. Das amerikanische Militär wird mit (geklonten) Serienkillern verglichen. Der Veteran Castillo versucht immer wieder sich ob seiner Taten herauszureden, es war ja alles nur zum Schutz der anderen. Doch kämpft er auch mit Schuldgefühlen, Unschuldige wurden damals seinetwegen ermordet. Das (Massenmörder-)Klonen soll damit legitimiert werden, dass ja Psychopharmaka gegen das Böse entwickelt werden sollen. Usw. 

Aber am allererschreckendsten ist, was das amerikanische Verteidigungsministerium alles für heimliche und illegale Experimente mit Steuergeldern durchführt, züchtet, beseitigt... Menschenleben, ob echt oder geklont (macht das überhaupt einen Unterschied- ist ein natürlich gezeugtes Menschenleben mehr wert?), scheinen nur darzusein, um für die (militätische) Macht geopfert zu werden. Und wie viel Aufwand betrieben wird, damit nichts an die Außenwelt gerät!!!!!!!

Die Geschichte ist spannend und widerlich. Ich würde sie ins Horror-Genre einordnen. Leider kommt es aber zu keinem richtigen Ergebnis und Fragen, über Vererbung, Umwelt, Umfeld,  Erziehung werden nicht beantwortet oder sogar auf die Schiene geschoben, dass man versucht ist, wissenschaftlich bestätigte Falschaussagen doch für wahr zu halten. Der Schwerpunkt liegt hier wissenschaftlich definitiv auf dem Bereich der Genetik, nicht auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften. In diesem Bereich darf und muss der Leser selbst forschen. Letztendlich läuft die Geschichte auf nichts Konkretes hinaus. Es zeigt die Unmoral des Verteidigungsministeriums. Der Rest bleibt eigentlich offen.

Definitv ein Buch, das nach dem Beenden der Lektüre noch sehr nachdenklich macht.