Rezension

Bedrückend, intensiv, echt

Hier musst du glücklich sein - Lisa Heathfield

Hier musst du glücklich sein
von Lisa Heathfield

Bewertet mit 4 Sternen

Hier musst du glücklich sein ist eines der Bücher, die einen mit düsteren Gedanken zurück lässt.
Ich wurde zu Beginn in das kalte Wasser geworden. Hatte ich doch eine einfache Hierarchie erwartet und je mehr ich in die Geschichte ein tauchte, umso mehr verstand ich, dass das Ganze eine Sekte war.

 Der Anfang hat es mir ehrlich gesagt schwer gemacht. Ich hatte Probleme, die Protagonistin in ihren Gedankengängen nachvollziehen zu können. Aber wie sollte ich das auch, wenn ich als Leser eine ganz andere Weltanschauung besitze. Die Weltanschauung der "Draußenwelt". Das ist mir allerdings erst zum Ende hin richtig klar geworden.
Ohnehin versteht man viele der Zusammenhänge erst gegen Ende der Geschichte. Besonders gut hat mir die Entwicklung von Pearl, der Protagonistin gefallen. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten, die sie aufgrund ihrer Denkweise jünger als 16 oder 17 haben wirken lassen, konnte ich immer mehr die Gedankengänge verstehen. Als Leser muss man sich das so vorstellen, dass man auf eine Gesellschaft trifft, mit ganz anderen Regeln und Bräuchen, die man anfangs gar nicht kennt. Folglich entstehen dort auch zwischen Leser und Protagonistin anfängliche Kommunikationsprobleme.
Je weiter die Handlung fort schritt, desto mehr merkte ich, wie Pearl begann, zu hinterfragen, obwohl sie an alles glauben wollte. Und ehrlich? Ich konnte es verstehen.
Besonders bei einem Sektenthema, mit einem angedeuteten Missbrauch der Fürsorgepflicht - ich drücke es bewusst so aus, denn es passte für mich in die Gesamthandlung und ich denke wirklich, dass es Menschen gibt, die die Unschuld und Naivität von Kindern ausnutzen- ist es immer eine Gradwanderung des Verstehens.
Interessant fand ich hier, dass solche schwierige Themen gekonnt miteinander verknüpft wurden und welche Gedankengänge der Protagonistin dabei durch den Kopf gingen. Das half mir als Leser zu verstehen - und ich meine wirklich zu verstehen. Ich hatte als Leser das Gefühl der Bedrückung. Ich wollte helfen und wusste nicht wie. Ich konnte Pearl in diesen Momenten sogar verstehen und ich hätte nicht anders gehandelt.
Das waren Momente, in denen ich den Hut vor ihr gezogen habe und wenn ihr diese Szenen lest, wisst ihr auch, was ich meine. Die Handlung spitzt sich immer mehr zu und man merkt auch die Anspannung und Erkenntnisse bei der Protagonistin.
Aus strahlendem Sonnenschein ist dunkles Regengewitter geworden. Dabei dachte ich anfangs doch, dass Saat gar nicht so schlimm sein kein... nun, nicht alles, was Gold ist, glänzt.
Umso beeindruckter war ich von dem Stil der Autorin. Sie hat die Idee des Ganzen so authentisch umgesetzt, dass ich zum Ende hin mitten drin, anstatt nur dabei war und hell auf begeistert bin.

Dieses Buch mag seine anfänglichen Schwächen haben, doch vermittelt es das Bild einer Sekte und die Folgen davon wirklich unfassbar gut.
 Ich saß bei der Danksagung davor und hätte mir gerne mehr gewünscht.
Das kann doch nicht das Ende sein, denn ich möchte wissen, wie es weiter geht.

Die Geschichte als solche ist schlichtweg authentisch und überzeugend, sodass ich es gegen Ende nicht mehr aus der Hand legen konnte.

 Ein Buch, das berührt, bewegt und einem in gewisser Weise auch die Augen öffnet. Es ist schonungslos ehrlich und beschönigt keine Stellen.
Eine Geschichte, die ich jedem wärmsten ans Herz lege, der sich mit diesem Thema beschäftigen möchte und ein Gefühl der Bedrückung verspüren will.

 Mich hat es bewegt und in Atem gehalten, doch hätte ich mir ein anderes Ende gewünscht, auch wenn ich zugeben muss, dass ein anderes vermutlich weniger gut zur Geschichte gepasst hätte.

 Von mir eine klare Leseempfehlung für all diejenigen, die sich bereits beim Klappentext dazu berufen fühlen, es zu lesen. Aber seid gewarnt, hinter jeder Schönheit lauern auch tiefste Abgründe.