Rezension

Beeindruckend

Jahre aus Seide - Ulrike Renk

Jahre aus Seide
von Ulrike Renk

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt: Der Roman bildet den Auftakt einer neuen Trilogie von Ulrike Renk, die auf wahren Begebenheiten beruht. 
Im Mittelpunkt steht Ruth Meyer, ein jüdisches Mädchen, das wohlbehütet in den zwanziger und dreißiger Jahren in Krefeld aufwächst. 
Familie Meyer geht es gut, der Vater verdient als selbstständiger Handlungsreisender für Schuhe den Lebensunterhalt für seine Frau und die beiden Töchter Ruth und Ilse.
 Er ist sogar so erfolgreich, dass die Familie sich ein schönes Haus bauen und einige Hausangestellte leisten kann. 
Doch das Erstarken der Nationalsozialisten in Deutschland macht nicht nur den Erwachsenen der jüdischen Gemeinde Sorgen. Auch die Kinder und Jugendlichen bekommen die Einschränkungen im Alltag immer deutlicher zu spüren.
Meine Meinung: Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, auch wenn er in großen Teilen lediglich vom alltäglichen Leben der Familie Meyer erzählt. Aber vielleicht auch gerade deswegen.
Dem Leser wächst Ruth regelrecht ans Herz. Man sieht sie vor dem inneren Auge heranwachsen, zu Beginn des Buches ist sie ja erst 5 Jahre alt zum Ende ca. 16 Jahre, und bekommt so einen guten Einblick in das Familienleben und die Beziehungsgeflechte mit den weiteren Angehörigen, befreundeten Familien und den Hausangestellten.
Besonders das Kindermädchen Leni ist eine enge Bezugsperson für Ruth, der Chauffeur schon fast ein Freund für den Vater. 
Während der ersten Jahre passiert wenig dramatisches in Ruths Leben und Umfeld. Sie wächst heran jedes kleine Mädchen, spielt mit ihren Freundinnen, besucht zunächst die Volksschule und darf später aufs Lyzeum, als Teenager verliebt sie sich und macht all die Dinge gerne, die jeder Teenager gerne macht. 
Die Erkenntnis, dass sich in Deutschland das politische Klima verändert, bekommt sie zunächst nur am Rande, mit zunehmendem Alter und Vernunft dann immer deutlicher mit. 
Diese Geschichte erzählt die Autorin auf eine leise, aber angenehme Art und Weise. Trotz des leichten Schreibstils kann man die immer drängenderen Sorgen und Nöte der jüdischen Familien spüren. 
Die Diskussionen ums Auswandern, ob überhaupt oder eher nicht, und wenn ja, wann und wohin, lassen den Leser die aufkommende Panik spüren. Noch kann sich niemand das wirkliche Ausmaß dessen vorstellen, das schon in wenigen Jahren über sie herein brechen wird. 
Im Nachwort berichtet Ulrike Renk darüber, wie es zu diesem Buch gekommen ist und dass der Roman auf den Lebenserinnerungen von Ruth Meyer, die als Tagebuch erhalten geblieben sind, basiert. 
Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die weiteren Bände und warte ungeduldig auf deren Erscheinen.