Rezension

Beeindruckend!

Die Zeuginnen - Margaret Atwood

Die Zeuginnen
von Margaret Atwood

Bewertet mit 5 Sternen

Als ich vor über 30 Jahren "Der Report der Magd" las, war das ein einschneidendes Erlebnis. Das Buch habe ich nie vergessen, dachte aber, es sei und bleibe ein unrealistische Zukunftsmärchen. Dass einmal Männer wie die Taliban in Afghanistan oder die Mullahs im Iran den Mädchen Bildung und Freiheit verwehren könnten..., unvorstelllbar!

Lange musste ich auf die Fortsetzung des Buches warten, doch nun hat Margaret Atwood im hohen Alter doch noch weitergeschrieben und man erfährt, was aus Desfred und den anderen geworden ist.

Zuerst einnal ist der Schutzumschlag sehr bemerkenswert. Der Kopf mit der Haube - wie Scheuklappen -  und die Farben bleiben im Gedächtnis, aber besonders bemerkenswert ist die Figur einer jungen Frau, die ihre Arme ausbreitet, auf dem grünen Gewand. Schlummert etwa unter dem Talar der starke Wunsch nach Freiheit und einem eigenen Leben?

Drei verschiedene Erzählungen sind ineinander verschränkt und werden jeweils mit einem Signet eingeleitet:

- da ist einmal Tante Lydia (Tintenfeder), die Chefin der Tanten, die wie ein Nonnenorden leben und denen die Erziehung der Mädchen in Gilead anvertraut ist

- Agnes Jemima (Mädchen mit Haube) ist ein junges Mädchen, das privilegiert aufwächst und sich gegen eine Heirat mit einem hohen Kommandanten sperrt, deshalb will die auch "Tante" werden

- Daisy (Mädchen mit Pferdeschwanz) lebt in Kanada, doch dann erfährt sie, dass ihre Eltern nicht ihre richtigen Eltern sind, sondern dass sie mit ihrer echten Mutter aus Gilead geflohen ist.

Die drei Personen berichten über ihr persönliches Schicksal und man erfährt viel über das Leben in Gilead. Wie in fast jedem Staat, der mit hohen moralischen Zielen angetreten ist, können die Eliten nicht der Versuchung widerstehen und werden "gleicher", damit leiten sie den Niedergang des Staates ein.

Über die Qualität von Margaret Atwoods Büchern muss man eigentlich keine großen Worte machen, sie gehört zu den besten lebenden Schriftstellerinnen weltweit. Ihre präzise Sprache, ihre lebensnah gestalteten Personen und ihre gute Beobachtungsgabe machen sie zu dem, was sie seit Jahren ist. Dazu kommt in diesem Buch auch noch eine Spannung, die über die ganzen 567 Seiten trägt. Ein Buch, das man kaum aus der Hand legen kann! Es ist allerdings hilfreich, wenn man "Der Report der Magd" gelesen (nicht gesehen!!) hat.