Rezension

Beeindruckend

Reise nach Orkney - Amy Sackville

Reise nach Orkney
von Amy Sackville

Bewertet mit 4 Sternen

Diese Rezension erscheint auch auf meinem Blog www.zeilenliebe.wordpress.com.

Allgemeines:

Reise nach Orkney ist im Juni 2016 beim Luchterhand Literaturverlag erschienen. Die gebundene Ausgabe hat 256 Seiten und ein wunderschönes Cover. Autorin Amy Sackville ist einigen vielleicht durch ihren ersten Roman Ruhepol, für den sie mit dem John Llewellyn Rhys Prize ausgezeichnet worden ist, bekannt. Das ist ein Literaturpreis der den besten Roman des Jahres von jungen Autoren unter 35 krönt.

Inhalt:

„Auf einer der kleinsten und einsamsten Inseln in Orkney, einem Archipel nordöstlich von Schottland, verbringt ein ungleiches Paar seine Flitterwochen: Richard ist ein angesehener Literaturprofessor; seine Braut, seine begabteste Studentin, ist vierzig Jahre jünger als er. Meistens beobachtet er seine junge, schöne, blasse Frau, wie sie aufs Meer hinausschaut und Wind und Regen trotzt, doch je mehr sie eins wird mit der Insel, dem Wetter und dem Licht, desto rätselhafter und begehrenswerter erscheint sie ihm … In dieser Geschichte einer Obsession spielen die entrückte, zauberische Landschaft, die Farben und Elemente von Orkney eine ebenso große Rolle wie die beiden ungleichen Liebenden.“ (Quelle: Verlagsgruppe Random House)

Meine Meinung:

Reise nach Orkney – die Geschichte einer Obsession

Amy Sackvilles Roman Reise nach Orkney hat mich zunächst einfach nur durch das Cover angesprochen: schroffe, steile Felswände, blaues, unschuldig aussehendes Wasser und Nebel, viel Nebel. Diese Widersprüchlichkeit findet sich auch in der Handlung der Geschichte wieder: alternder Literaturprofessor heiratet 40 Jahre jüngere Studentin, sie leben in Zweisamkeit und doch irgendwie jeder allein auf einer der kleinsten und einsamsten Inseln im Orkneyarchipel. Die Natur ist gleichermaßen beeindruckend und abweisend. Diese Widersprüchlichkeit durchzieht das ganze Buch und macht es genau dadurch spannend.

Erzählt wird aus der Perspektive von Richard, dem Literaturprofessor, der seine junge Frau  regelrecht studiert, sie ständig beobachtet und sich nach und nach in Phantasien hineinsteigert:

  „Sie steht an der Linie, die das Hochwasser gezeichnet hat, und überblickt den Horizont wie eine bizarre Piratin, die Meer und Strand überwacht; als sie die anderen da oben entdeckt, reißt sie sich mit ausladender Geste den Hut vom Kopf, vielleicht, um nicht übersehen zu werden (wie könnte man sie jemals übersehen), und schwenkte ihn. Der ältere Junge winkt knapp zurück und hält das Fernglas auf sie gerichtet, auf die Seltenste aller Spezies.“

(Reise nach Orkney, S. 131)

Sie wiederum wird in fast jeder Nacht von Alpträumen geplagt, in der die Urgewalt des Wassers eine wesentliche Rolle spielt. Oft kann sie sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern. Ob diese Träume für den weiteren Verlauf der Geschichte wichtig sind?

Die Handlung wird an keiner Stelle dramatisiert und ist dennoch dramatisch. Das schafft Sackvilles durch ihren lakonischen Stil, das Schildern von Momenten der Nähe und Distanz, durch eindrückliche Beschreibungen der schroffen Natur, also  mit eigentlich völlig unspektakulären Mitteln. Das macht gerade deshalb die Besonderheit der Geschichte aus.

Mein Fazit:

Das Buch kommt mit leisen Tönen daher und beeindruckt dadurch sehr. Wenn man Sprache mit all ihren Bildern liebt, Freude an schönen Formulierungen hat, gerne zwischen den Zeilen liest, und Naturbeschreibungen dieser Art liebt, dann ist dieses Buch genau das richtige. Ach ja: Alte Sagen und Mythen sollten einen auch begeistern.